So richtig intensiv beschäftige ich mich seit ca. 5 Jahren mit der digitalen Produktion von Musik. Es geht hier nicht einzig allein um elektronische Musik, sondern ganz allgemein mit der Produktion von Musik mithilfe von Software. Ich selber spiele in diverse Gitarrenbands, wo wir hauptsächlich digitale Drum-Plugins oder Amp-Emulationen nutzen.

Ich habe auch viele Jahre davor schon Musik gemacht, aber erst in den letzten Jahren habe ich mich ernsthaft mit verschiedenster Software und deren Möglichkeiten auseinander gesetzt.

Ich habe in dieser Zeit haufenweise Software angetestet, geliebt, gehasst, verteufelt, vergöttert und erlernt. Ich habe nahezu alle auf dem Markt erhältlichen DAWs ausprobiert, unendlich viele virtuelle Instrumente angespielt und eine endlose Zahl Effektplugins installiert und auch wieder deinstalliert.

Was habe ich aus dieser Zeit gelernt? Gibt es die perfekte DAW? Das ultimative Effektplugin? Den Must-Have Synthesizer? …

Die DAW ist im Grunde scheißegal

Ernsthaft. Alle DAWs machen dasselbe. Sucht euch eine aus und lernt damit umzugehen. Klar gibt es Situationen, in denen einige DAWs ihren Job besser machen. Wenn ich beispielsweise eine Band recorden will, greife ich nicht unbedingt zu einem Tracker, wie Renoise. Aber theoretisch wäre auch das möglich.

Jede DAW sampled einfach akustisches Signale, oder nimmt Noten für ein virtuelles Instrument auf und spielt das alles auch wieder ab … jede DAW. Jede DAW hat grundlegende Tools um dieses Audio- oder Notenmaterial zu bearbeiten. Viele DAWs bieten hier und da ein wenig mehr Möglichkeiten dieses Material zu manipulieren, aber im Grunde kann ich in jeder DAW alles machen. Manchmal dauert es vielleicht hier und da etwas länger.

Unterscheiden tun sich Audio Workstations nur in ihrer Ausstattung. D.h. die Anzahl der Effekte, Instrumente und/oder Samples/Loops. Da muss man sich halt vorher informieren, was man benötigt und sich dann für ein Paket entscheiden und ganz wichtig: Dabei bleiben! Ich habe in den letzten 5 Jahren mit 6 unterschiedlichen DAWs intensiv gearbeitet. Komplette Zeitverschwendung!

Man benötigt nicht 20 Synth-Plugins. Es muss auch nicht immer das teuerste Plugin sein. Es gibt haufenweise richtig guter Freeware Plugins, die wunderbare Arbeit leisten. Man muss sich halt hier und da schonmal intensiver mit einem Instrument oder Effekt beschäftigen.

Lasst euch nicht alles abnehmen

Heutige Audio Workstations und Plugins sind dermaßen überladen mit Funktionen, dass einem fast schwindelig wird. In immer kürzeren Abständen erscheinen Updates mit Features, die die Musikproduktion noch weiter erleichtern sollen.

Aber die Produktion von Musik und auch das Songwriting sind keine einfache Tätigkeit. Sie erfordern Erfahrung, ein gewissen Grundwissen und technisches KnowHow. Und das ist auch gut so. Allein die samplebasierte Produktion hat vieles so viel einfacher gemacht, dass die Gefahr entsteht, dass viel Musik schlichtweg gleich klingt … was sie mittlerweile auch tut. Wenn jeder die gleichen Tools benutzt, die einem beim Sound Design bzw. dem Songwriting erheblich unterstützen, wird dieses Problem noch verstärkt.

Also, pfeift auf die tollen neuen Features der DAWs und werdet selber kreativ. Greift nicht gleich zu dem hochgelobten Synth, den jeder benutzt, sondern füttert euren Sampler oder Arranger einfach mal mit ein paar Found Sounds und hantiert mit ein paar Effekten rum. Die Kombination einfachster Mittel bieten unglaublich viele Möglichkeiten.

Glaubt nicht alles, was ihr auf YouTube seht

YouTube ist ein Alptraum für Musikproduzenten. Fangt am besten erst gar nicht an irgendwelche Kanäle zu abonnieren. Ich selber habe mich in den letzten Jahren so oft von diversen Videos beeinflussen lassen, dass ich fast lachen muss, wenn ich jetzt darüber nachdenke.

Ich will gar nicht sagen, dass alle Videos oder Tutorials nutzlos sind oder dass alle YouTuber von den Firmen bezahlt werden, dessen Produkte sie hochloben, aber es ist nicht ungefährlich sich diesem ganzen Quatsch auszusetzen 😉

Wird ein Update für eine Software veröffentlicht, stürzen sich erstmal haufenweise Kanäle darauf und loben die neuen Features in den höchsten Tönen. Es ist für manche schwer zu widerstehen, nicht mal einen Blick auf die Software zu werfen … und schon fällt man in ein Hasenloch.

Konzentriert euch auf’s Songwriting, auf’s Sound Design und auf’s Arrangieren. Falls man mal Hilfe braucht, ist YouTube sicherlich eine gute Wahl … aber vorsicht vor Produktvorstellungen!

Fazit

Ich habe viel gelernt in den letzten 5 Jahren … ohne Frage! Es hat mir auch viel Spaß gemacht – und das macht es immer noch – aber ich habe auch viel zu viel Zeit mit unnützem Zeug verbracht! Immer wenn ich die DAW mal wieder gewechselt habe, musste ich nach einigen Monaten feststellen, dass diese das Musizieren auch nicht leichter macht. Viel schlimmer war, dass ich nachher haufenweise Projekte in verschiedensten Formaten auf der Festplatte hatte … keine schöne Sache.

Ich habe vor kurzem meine Festplatte gesäubert, die Tools installiert, die ich am häufigsten einsetze – wirklich einsetze! Und nicht nur mit rumspiele! – und mir vorgenommen, mich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren: Musik schreiben und recorden. Die Software ist nur ein Werkzeug und sollte nicht zum Mittelpunkt des Prozesses werden…