Wenn mich heute jemand fragen würde, für welche DAW er oder sie sich entscheiden sollte – egal für welche Musikrichtung – würde ich Logic Pro empfehlen.
Vor ein paar Tagen hatte ich ein MacBook eines Bekannten hier zuhause und er ist begeisterter Logic Pro Nutzer, seit mindestens 8 Jahren. Ich habe die Chance genutzt und mir die Software mal genauer angeschaut. Ich besitze ja erst seit einem halben Jahr einen Apple Rechner und Logic gibt es seit der Version 6 (2002) nicht mehr für andere Betriebssysteme. Damals hatte Emagic die Software entwickelt und wurde dann 2002 von Apple aufgekauft.
Ich habe vor ein paar Wochen schon Bekanntschaft mit Garage Band gemacht und war überrascht, was man mit der „freien“ DAW alles anstellen kann. Gestern habe ich mir dann mal ein paar Stunden Zeit genommen und die große Schwester in Augenschein genommen.
Das Arrangerfenster und der Kopf der Anwendung sieht schonmal ziemlich vertraut aus. Links sind die Spurenköpfe, wie man sie in so ziemlich jeder DAW kennt. Den unteren Bereich kann man entweder zum Editieren von Audio- oder Midi-Dateien nutzen, oder man lässt sich den Mixer einblenden. Außerdem gibt es zu jedem Instrument oder Effekt sogenannte Smart-Controls, über die man die wichtigsten Einstellungen ebenfalls im unteren Bereich schnell vornehmen kann.
Ganz links kann man sich den Info-Bereich oder Inspektor (wie er auch in Bitwig gennant wird) einblenden lassen. Dort bekommt man dann den Channel Strip der ausgewählten Spur zu sehen und zusätzlich entweder den Ausgangskanal der Spur oder einen gewählten Kanal für Send-Effekte.
Außerdem gibt es oben im info-Bereich einen Reiter für die ausgewählte Region (oder Clip) und einen Reiter für die ganze Spur, auf denen man Einstellungen wie z.B. Transposition, Velocity, Notenbegrenzung, Midi-Kanal, Quantisierung, Delay, Swing …. und was nicht alles, vornehmen kann. Ich fand das anfangs etwas umständlich, aber man gewöhnt sich schnell daran.
Ebenfalls links kann man sich die Bibliothek einblenden lassen. Diese beinhaltet alle mit Logic ausgelieferten Instrumente und Effekte. Das fand ich etwas verwirrend anfangs, weil hier nicht die einzelnen Plugins aufgelistet sind, sondern quasi alle Presets oder besser gesagt Preset-Ketten, denn wenn ich mir z.B. ein Elektrisches Piano aussuche, bekomme ich dann gleich alle möglichen Effekte mit in die Spur gepackt. Ok, das ist für einen Anfänger sicherlich hilfreich, kann aber auch etwas nerven. Schöner wäre es gewesen, wenn alle virtuellen Instrumente und Effekte aufgelistet wären und dann im Untermenü eventuelle Presets. Aber das ist Nörgeln auf hohem Niveau 😉
Falls man direkt ein Plugin auswählen will, macht man das im Channel Strip. Und wo wir gerade dabei sind, ich denke die Bibliothek von Logic ist so ziemlich das beste und umfangreichste, was man zusammen mit einer DAW bekommen kann. Die meisten Workstations haben mittlerweile eine umfangreiche Plugin- und Sample-Sammlung an Bord, aber was man hier alles bekommt, ist wirklich nicht von schlechten Eltern. Man bedenke dabei auch den Preis von 229,- Euro und wenn man Student ist, bekommt man für einen ähnlichen Preis Final Cut Pro und 3 weitere Tools noch dazu!
Aber ich will hier gar nicht alle Funktionalitäten von Logic Pro X aufzählen, denn die meisten DAWs ähneln sich schon und wie ich schon des öfteren erwähnt habe, kann man mit jeder Audio Workstation seine Ideen verwirklichen. Was bewegt mich denn jetzt dazu zu sagen, dass ich Logic Pro jedem empfehlen würde?
Die richtig guten Sachen von Logic Pro
Wie oben schon erwähnt ist die Instrument-Sammlung der Hammer. Man bekommt quasi die Factory Library von NI Kontakt hier gleich dazu. Dazu gibt es gleich mehrere Synthesizer (ES2, EFM1, Sculpture, Alchemy, Retro Synth und EVOC) , die so gut wie alles abdecken, eine nette Drum-Machine (Ultrabeat) mit gutem Sequenzer und zusätzlich noch einen Drum-Kit Designer und mit EXS24 einen häßlichen, aber mächtigen Sampler.
Die GUI der gesamten DAW wurde mit der Version 10.3 überarbeitet und ist nun auch flat … ist ja gerade voll angesagt. Ich kenne die älteren Versionen von Logic nicht, aber ich finde die aktuelle Version sehr angenehm für’s Auge.
Flex-Time und Flex-Pitch sind zwei Funktionen, die es seit der Version 10 gibt und ich finde die Integration fantastisch. Mit kann somit wirklich viele Audio-Aufnahmen nochmal retten. Die Möglichkeit diese entweder straight oder zu einem vorgegebenen Groove zu quantisieren sind wirklich lecker. Übrigens kann man auch hier, wie man es beispielsweise von Ableton kennt, Grooves aus Aufnahmen (egal, ob Midi oder Audio) extrahieren. Allerdings wird das nur im Projekt gespeichert und nicht in der Bibliothek … zumindest habe ich es nicht hinbekommen.
Flex-Pitch ist so ähnlich wie Melodyne, auch wenn nicht ganz so mächtig. Trotzdem bekommt man sehr gute Ergebnisse, wenn man an der einen oder anderen Stelle die falschen Noten in einer Gesangsaufnahme ausbessert 😉
Besonders gut gefällt mir persönlich der Drummer. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich so etwas in einer anderen DAW schon gesehen habe – abgesehen von Garage Band. Eine Drummer-Spur ist eine spezielle Spur in Logic, die weder Audio noch Midi ist. Man wählt sich einen Schlagzeuger (es gibt welche zu verschiedenen Musikrichtungen) und bekommt dann im unteren Bereich ein relativ unspektakuläres Fenster, in dem man die Einstellungen der Performance macht. Von leise und laut bis einfach und komplex (im X/Y Pad), bis zur Komplexität der verschiedenen Schlagzeug-Elemente, Fills, Swing und Feeling. Wenn man will kann man auch eine andere Spur angeben und den Drummer diesen Groove „folgen“ lassen … abgefahren.
Man bekommt damit richtig gute Ergebnisse. Es kann natürlich keinen Schlagzeuger ersetzen … niemals, aber wenn man zuhause am Schreibtisch etwas recorden möchte und nicht so gut im Drum-Programmieren ist, ist der Drummer von Logic die beste Lösung!
Die mitgelieferten Drumkits von Logic sind richtig gut, ob akustisch oder elektronisch. Falls man aber seine eigenen Sounds nutzen möchte, kann man auch als Quelle ein anderes Instrument wählen … mehr Flexibilität kann man sich fast nicht wünschen.
Zu guter letzt verfügt Logic auch noch über eine Sammlung virtueller Gitarren- und Bassverstärker nebst Boxen und Pedalboard. Ich habe ja vor kurzem schon geschrieben, dass es für mich am Rechner nur EINE Lösung in Bezug auf Amp-Modeling gibt und ich konnte mit den Amps von Logic auch nicht die gleichen Ergebnisse erzielen, aber ich habe mich jetzt auch nicht wirklich intensiv mit den Einstellungen beschäftigt. Zumindest ist die Sammlung recht umfangreich, besonders die Treteffekte gefallen mir richtig gut.
Comping!! Oh Mann, wie ich das in Bitwig Studio vermisse. Wenn man es im Einstellungsmenü auswählt, legt Logic in einer Loop bei jeder neuen Runde einen neuen Track einer Performance an und man kann sich im Nachhinein die Sahnestückchen aus den einzelnen Takes raussuchen. Die meisten DAWs können das, aber Bitwig eben nicht 🙁 Wieder einen Daumen hoch für Logic.
Und was ist jetzt nicht so gut?
Gibt es was zum Nörgeln? Ja, aber nicht viel. Zum einen mag ich die Bibliothek nicht. Also den Inhalt schon, aber den Browser nicht. Zumindest nicht so, wie er hier integriert ist. Ich finde es bei Bitwig oder Studio One angenehmer, dass man sich in einem Browser alles anzeigen lassen kann – Plugins (intern und extern), Presets und Samples. Das hätte ich hier auch besser gefunden.
Im Midi-Editor kann man sich aussuchen, ob man eine Piano-Roll benutzen will, einen Notations-Editor oder einen Step-Sequencer. Die Idee finde ich geil, ich mag Step-Sequencer (der in Ultrabeat ist übrigens super). Aber durch den hier bin ich nicht durchgestiegen. vielleicht ist er auch nur zu kompliziert oder ich bin zu blöd, aber irgendwie wollte er nicht so wie ich.
Unter’m Strich
Wie eingangs schon zu erkennen war, bin ich begeistert von Logic Pro X. Die positiven Aspekte überwiegen auf alle Fälle und besonders der Drummer hat es mir echt angetan. Leider ist die DAW nur für Apple Betriebssysteme verfügbar und das ist wirklich schade. Ich kann es natürlich verstehen, weil man so wirklich nur mit dem eigenen OS arbeiten muss und die DAW diesbezüglich wirklich optimieren kann (wie Logic sich in Bezug auf CPU-Auslastung verhält habe ich nicht getestet).
Logic hat alle Funktionen, die die meisten DAWs bieten, dazu einige spezielle Sachen, die aber nicht jeder braucht. Wie gesagt, gibt es keine Software, die es jedem recht machen kann. Jeder hat da so seine Vorlieben. Wenn man nun allerdings Neuling ist und sich entscheiden muss und nicht vorhat alle möglichen DAWs durchzuprobieren (ich hab’s gemacht, ist nicht zu empfehlen), dann würde ich ohne zu zögern sagen: Nimm‘ Logic … wenn denn ein Apple Laptop auf dem Schreibtisch steht. 🙂
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