Ich mag Sampler. Von allen virtuellen Software Instrumenten sind sie meine Liebsten. Ich meine jetzt richtige Sampler, keine Sample Player. Ich benutze fast ausschließlich Sampler. Mein Lieblingssampler ist Redux von Renoise, aber ich beschränke mich zurzeit auf Bitwig, daher ist der Bitwig Sampler im Moment das einzige Instrument, das ich benutze.

Der einfache Sampler in Bitwig Studio 2 mit einigen Modulatoren 

Im Grunde kann man Sampler für alles mögliche verwenden. Zum Abspielen von natürlichen Instrumenten, wie echte Drums oder Pianos; als Synthesizer, wenn man beispielsweise Samples von klassischen Waveformen benutzt (Saw, Sine, …) oder kleine Ausschnitte von allen möglichen Aufnahmen. Oder aber auch zum Einbauen von Loops aus bereits vorhanden Musikstücken, wie man es aus klassischen Hip Hop Aufnahmen kennt.

Sampling Geschichte

Eigentlich wurde schon in den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts „gesampled“. Allerdings hatte dies damals noch nichts mit digitaler Audiotechnik zu tun, sondern mit Schallplattenaufnahmen und später mit magnetischen Tape.

Der französische Radioingenieur Pierre Schaeffer erschuf im Jahre 1948 die sogenannte Musique Concrète. Eine Bewegung, die Musik durch das Zusammenschneiden von vorhandenen Aufnahmen erschuf. Anfangs verwendete er dazu einen Phonographen, also ein Gerät zum Anfertigen von Schallplatten. Die ersten Aufnahmen waren am Bahnhof eingefangen Geräusche, die er später im Studio arrangierte.

Pierre Schaeffer bei seinen Experimenten im Studio (Quelle: soundbytesmag.net)

Anfang der 50er Jahre war es den Musikern der Musique Concrète möglich, magnetisches Tonband für ihre Aufnahmen einzusetzen und dieses Medium war natürlich viel flexibler, als Aufnahmen auf Vinyl.

In den 60er Jahren hielt diese Art der Soundkreation auch Einzug in die Popmusik. Bands wie beispielsweise die Beatles oder auch Pink Floyd
nutzten verschiedene Tonbandaufnahmen um spezielle Effekte in ihre songs einzubauen (Die „Vogelkreischgeräusche“ in Tomorrow Never Knows vom 66er Revolver Album der Beatles waren beispielweise Tonbandloops von eine Dampforgel, die durch Effekte noch verfremdet wurden. Die Geräusche des Münzgeldes und der Kassen im Intro zu Money auf dem 73er Album Dark Side of the Moon von Pink Floyd, waren ebenfalls speziell arrangierte Tonbandschleifen.)

Den ersten Sampleplayer stellte sicherlich das Mellotron aus den 60er Jahren dar (ebenfalls bei den Beatles zu hören, im Intro zu Strawberry Fields Forever). Das Mellotron war ein Tasteninstrument, das für jede Taste des Keyboards eine andere Tonbandschleife abspielte und somit war es mögliche jede Aufnahme mit einen Tastendruck sofort abzurufen. Wer kein Orchester zur Hand hatte, konnte nun eins mithilfe des Mellotrons einspielen – diverse Einschränkungen eingeschlossen 😉

Mr Lennon freut sich über den Sound, der seine Strawberry Fields so bereicherte (Quelle: dolphinmusic.co.uk)

Anfang der 80er Jahre kamen die ersten digitalen Sampler auf den Markt, die diesen Namen auch wirklich verdient haben. Die Digitaltechnik erhält Einzug in die Musikproduktion. Der erste wirkliche digitale Sampler war der Fairlight CMI, allerdings konnte sich quasi niemand solch ein Instrument leisten, abgesehen von den Superstars der damaligen Musikszene.

Die ersten Fairlights boten eine Sampler-Rate von 24kHz und 8 Bit Sampletiefe. Ganze 4 Sekunden konnte man damals damit am Stück samplen. Verglichen zu den Möglichkeiten eines Smartphones heutzutage … ein Witz. Aber gerade die mitgelieferte Soundlibrary prägte viele Songs der 80er Jahre und drückten dieser Dekaden ihren prägnanten Sound auf.

Der unbezahlbare Fairlight mit Monitor und Tastatur

Eine der ersten Alternativen kam kurze Zeit später auf den Markt. Der E-Mu Emulator. Ebenfalls ein 8Bit Sampler, der aber nur einen Bruchteil des Preises für den Fairlight kostete. Zur gleichen Zeit erschienen auch die ersten Drum Machines, die mit Samples arbeiteten. Der erste dieser Art war der LinnDrum LM-1 Drum Computer aus dem Jahre 1982.

Gegen Mitte und Ender der 80er Jahre gab es die ersten Sampler, die Samples in 16Bit CD-Qualität wiedergeben konnten. Besonders in der Hip Hop Szene der späten 80er und frühen 90er Jahre waren Sampler sehr beliebt, weil sie den Musiker die Möglichkeit gab ohne teures Studio Equipment ihre Beats mithilfe von Samples zu bauen.

Findige Nerds fanden schnell Wege auf ihren Heimcomutern mithilfe von Samples eigene Musik zu produzieren. Die Tracker waren geboren, die spezielle Sequenzer hatten, mit denen man die Samples arrangieren und verbiegen konnte. Später hat sich dann aber die Piano-Roll zum Setzen von Midi-Noten, um Sampler oder auch Software-Synthesizer anzusteuern, durchgesetzt.

Renoise – einer der wenigen Tracker, die es bis heute geschafft haben.

Ende der 90er hielt die Sampletechnik dann auch Einzug in die großen Studios. Die ersten DAWs in Softwareform waren verfügbar und schnell wurden die Hardware Sampler verdrängt. Heutzutage nutzt so gut wie jedes Recordingstudio digitale Audio Workstations zum Recorden. Jede moderne DAW ist streng genommen ein mächtiger Sampler, in dem man digital aufgenommenes Material in einer waagerechten Timeline arrangieren und verbiegen kann. Zusätzlich ermöglicht Midi das Triggern von Software Samplern bzw. – Synthesizern. Die Grenzen verschmelzen.

Der Vorteil von Samplern als Instrument – gegenüber den essentiellen Möglichkeiten einer DAW – ist die Möglichkeit Samples per Tastendruck auf einem MIDI-Constroller abzuspielen. Somit können Sampler auch live eingesetzt werden und vereinfachen auch das Einspielen / Programmieren von Material für eine Aufnahme

Die verschiedenen Arten des Samplings

Im Grunde gibt es vier Definitionen, mit denen man Sampling beschreiben kann.

  • Zum einen ist Sampling der rein technische Prozess, der ein analoges Audiosignal in ein digitales umwandelt.
  • Die zweite Bedeutung ist das Arrangieren und Zerschneiden von Audiospuren und -clips innerhalb der DAW.
  • Drittens sprechen wir von Sampling, wenn wir echte Instrumente in großen Libraries aufnehmen, damit diese dann mithilfe eines Samplers im Rechner gespielt werden können.
  • Zu guter letzt ist Sampling das Verwenden von Ausschnitten aus bereits aufgenommenen Songstücken in den eigenen Kompositionen, wie das die Hip Hop Kultur in den 80ern und 90ern gemacht hat.

Natürlich hat jede Form der Anwendung ihre Daseinsberechtigung (die erste Form ist obligatorisch). Allerdings kommt eine Sache zu kurz: Die Kreativität. Es ist selbstverständlich möglich mit gesampleten Instrumenten kreativ zu arbeiten. Genauso wie es in einer Band möglich ist, mit einer handvoll echter Instrumente wunderbare Songs zu entwickeln.

Aber während wir hier jetzt über 70 Jahre nachdem Pierre Schaeffer begonnen hat mit dem Arrangieren von verschiedenen Aufnahmen zu experimentieren, die Technologie in jeder Recording-Software zur Verfügung haben, von der die damaligen Pioniere nur träumen konnten, was tun wir damit? Wir füttern sie mit Samples von Instrumenten, die es schon gibt.

Die Drum Machine, von der es höchstwahrscheinlich die meisten Samples auf der Welt gibt (quelle: soundfly.com)

Wir nutzen den Sampler um ihm Töne zu entlocken, die schon vor über hundert Jahren cool waren, um Drumsounds zu benutzen, die in den 70ern und 80ern als Alternative für Nicht-Schlagzeuger entwickelt wurden. Daran ist nichts verwerflich, aber in meinen Augen etwas traurig. Wir horden Gigabytes an Samples auf unseren Festplatten, mit Sounds die alle schonmal irgendwo benutzt wurden. Wenn man auf YouTube nach interessanten Tutorials zum Sampler sucht, findet man meistens welche, die mir zeigen wie ich das Kickdrum einer 808 nachbauen kann … warum sollte ich? Zum Erlernen des Samplers ist es durchaus hilfreich, aber für neue Songs brauche ich keine weitern Varianten einer Drum Machine aus dem letzten Jahrhundert.

Aber das Problem liegt nicht wirklich beim Sampler oder seinem Benutzer

We have tools that are light-years beyond what was being employed at EMI studios in the 1960s. Every artist, every producer, every kid with a desktop computer (or even a mobile phone) has the ability to create music today. The democratization of production has become so widespread that one would think, „Wow, there is more opportunity today, for more people to be making music. And, statistically speaking alone, there should be more great music out there!“ Why am I not hearing it?

schreibt Bobby Frasier in einem Kapitel im Buch „Less Noise, More Soul“. Und ich denke das bringt es ziemlich genau auf den Punkt. Wir haben heute die Technik und Möglichkeiten, von denen die Musiker und Produzenten vor 50 Jahren nur träumen konnten. Jeder kann Musik im Schlafzimmer, in der Küche oder auf’m Sofa produzieren. Jeder kann diese sofort im Netz veröffentlichen … und viele tun dies auch. Aber alle klingen irgendwie gleich.

Ich könnte jetzt auf meinen vorherigen Artikel verweisen und behaupten, dass gerade diese vielen neuen Möglichkeiten uns blockieren, aber ich denke das ist nicht das einzige Problem. Es wird produziert, was sich verkauft und zwar solange bis es niemand mehr kauft.

Wir reden hier von Popmusik und die Popmusik hat ihre Grenzen. Wir bewegen uns innerhalb von 12 Tönen, tanzbaren Rhythmen und Melodien, die im Kopf bleiben. Diese Einschränkung ist eigentlich etwas Gutes und sollte – rein wissenschaftlich gesehen – die Kreativität beflügeln. Die Beatles haben es vor 50 Jahren vorgemacht und mit immer neuen Ideen und waghalsigen Experimenten im Studio Musik erschaffen, die die Zuhörer immer wieder auf’s Neue überrascht und dann in ihren Bann gezogen hat.

Lennon und McCartney mischen ordentlich mit beim Recorden

Aber dieser Artikel begann mit einem Sampler und soll auch mit diesem enden. Wenn ihr also das nächste mal euren Rechner startet und alle die unglaublichen Spielzeuge in Instrumentenform auf den Bildschirm flimmern seht, schaut nicht, welche Drum Machine oder welcher Synthesizer Sound gerade total hip ist und kreiert etwas Eigenes. Nach 50 Jahren wird es mal wieder Zeit etwas innovativ zu werden.

Seid ihr ähnlicher Meinung oder seht das vielleicht total anders? Schreibt mir.

 

Quellen: