Letztes Jahr im August habe ich mich mal etwas mehr mit Reaper beschäftigt. Viel herumprobiert, viel gelesen, ich habe mir Tutorials angeschaut und immer wieder Songs mit der DAW recorded … seit Kurzem benutze ich Reaper ausschließlich. Hier kommen jetzt mal 10 Gründe, warum das wohl so ist…
Eins: Reaper läuft auf allen Plattformen
Reaper kann man unter Windows, Linux, MacOS und neuerdings auch Raspberry Pi installieren. Und Reaper ist nicht wählerisch, was die Aktualität des Betriebssystems angeht. Während viele DAWs mittlerweile recht aktuelle Versionen eines OS verlangen (danke Bitwig und danke Studio One), kann man die DAW von Cockos auch auf älteren Rechnern mit älterer Software installieren.
Zwei: Reaper ist verdammt klein
Klein bezogen auf die Installationsgröße, klein bezogen auf den Verbrauch von Systemleistung und klein bezogen auf den Preis. Ich kenne keine andere DAW, deren Installer unter 15MB groß ist. Klar, Reaper kommt ohne Sample-Library und nur mit den nötigsten Effekte und Synths (wenn man die JSFX mal nicht berücksichtig, aber das macht Tracktion Waveform auch und der Download ist fast 10mal so groß. Reaper verzichtet halt auf ein glänzendes Erscheinungsbild.
Wenn man nicht allzu viel Geld mit seiner Musik verdient, bezahlt man gerade mal 60 Euro für die Software. Wenn man sich den Funktionsumfang ansieht und mal die Preise anderer DAWs betrachtet, ist das geradezu unglaublich günstig. Es gibt keinen Kopierschutz, kein Dongle, keine abgespeckte Demoversion. Wenn man die Software nicht gekauft hat und die Trial-Zeit von 60 Tagen abgelaufen ist, könnte man die Software theoretisch sogar weiterhin uneingeschränkt benutzen, was für Studenten und Schüler echt nice ist. Aber wie gesagt, 60 Euro…
Justin Frankel ist ein guter Programmierer. Reaper ist wirklich resourcenschonend, wenn man die Software mit ihren Kolleginnen vergleicht. Klar, er hat auf ein hippes, „modernes“ GUI verzichtet, aber wer will, kann sich eines der vielen Fan-Themes installieren und das Standard-Interface etwas pimpen.
Drei: Es gibt nur eine Sorte Tracks
Bei vielen DAWs muss man entweder eine neue Audiospur (mono oder stereo), Midispur, FX-Spur oder Bus-Spur erzeugen … je nachdem was man gerade benötigt. So etwas gibt es bei Reaper nicht. Einfach STRG-T
gedrückt und man hat eine neue Spur. Auf dieser Spur kann alles vertreten sein, egal ob Audio,- Midi– oder Video-Item.
Vier: Ich kann Reaper komplett meinen Bedürfnissen anpassen
Und ich spreche hier nicht nur vom Theme der DAW. Ich habe ja eben schon erwähnt, dass man diesbezüglich alle Freiheiten hat. Während andere Programme eventuell zulassen, dass man die Farben ein wenig ändern kann, kann man in Reaper das GUI wirklich umgestalten (Farben, Layout, Icons, Menüs).
Für viele ist die DAW im Originalzustand angeblich nicht so gut zu bedienen (was immer das auch heißen mag) und sie haben keine Lust großartig alles anzupassen. Das kann ich nachvollziehen. Ich persönlich habe – mal abgesehen von einigen Shortcuts – auch nicht viel am Layout verändert.
Ich nutze meistens das Concerto Theme. Außerdem kann ich das aktuelle iLogic Theme empfehlen, auch wenn man dem Entwickler dafür ein paar Euros spenden muss. Da steckt eine Menge Arbeit drin. Alles andere ist so ziemlich im Originalzustand und ich kann nicht sagen, dass sich die DAW schlecht bedienen lässt. Man muss sich halt an jede Software gewöhnen. Ich bin in den 90ern mit meinem Vierspur-Recorder auch nicht wieder in den Laden, mit den Worten: „Die Schalter und Drehregler sind zu seltsam angeordnet, sowas kann man nicht bedienen…“
Fünf: Man kann einen Song mithilfe von Regionen in einzelne Abschnitte unterteilen
Ok, ich bin mir ziemlich sicher, dass andere DAWs das auch können. Aber ich mag das Handling in Reaper. Neben den obligatorischen Markern, um eine bestimmte Stelle im Song zu markieren, gib es die Regionen um einen Abschnitt zu markieren (Strophe, Bridge, Refrain, o.ä.).
Und diese Regionen kann ich komplett mit allen enthaltenen Items kopieren, verschieben, löschen, rendern … sehr nützlich das alles.
Sechs: Ordner in der Track-Ansicht
Auch dieses Feature schätze ich beispielsweise an Bitwig ebenfalls sehr. Ich kann eine beliebige Anzahl von Tracks in einen Ordner packen. Dieser Ordner funktioniert dann automatisch wie ein Bus-Track (das Routing hierzu wird automatisch angelegt). D.h. Ich mische beispielsweise eine Handvoll Gitarren, verteile diese links und rechts, packe sie dann in einen Ordner und nun kann ich anhand des neuen Bus-Tracks die Lautstärke aller Gitarren mit einem Fader einstellen, oder könnte alle Gitarren ganz schnell muten oder solo schalten.
Außerdem kann ich nun das Audiosignal des gesamten Bus-Tracks zum Reverb schicken und muss nicht jede einzelne Gitarre dorthin senden.
Sieben: Jedem Item im Sequenzer kann man seine eigene Effektkette zuweisen
Besser gesagt: Jedem Take eines Items kann man seine eigene Effektkette zuweisen. Das finde ich persönlich wirklich praktisch. Somit kann ich umständliches Rumgetüdel mit der Automation vermeiden. Wenn ich zum Beispiel einer Gitarrenspur am Ende noch einen Wah Wah Effekt zufügen will, dann schneide ich den Part der Aufnahme in ein einzelnes Item, füge diesem Item den Effekt zu und fertig.
In Reaper ist es auch einfach diese Take FX zu rendern, oder eben einen kompletten Track zu rendern. Apropos Rendern, das führt mich zum nächsten Punkt…
Acht: Rendern
Die Optionen beim Rendern sind fantastisch. Soviel Möglichkeiten habe ich bisher in noch keiner anderen DAW gesehen. Ob ich nun einfach den kompletten Song rendern will, die einzelnen Spuren, bestimmte Regionen oder auch nur bestimmte Items – die Auswahl lässt keine Wünsche offen.
Ich habe auch die Möglichkeit eine Render Queue anzulegen. Wenn ich beispielsweise mehrere Projekte rendern möchte, oder einzelne Items nach und nach bearbeiten und diese dann später alle zusammen rendern will. Die Render Queue sammelt all diese Items und man kann dann später alles in einem Rutsch exportieren. Auch die Auswahl an Exportformaten ist enorm, sodass man hinterher nicht wieder die Dateien mit einer anderen Software konvertieren muss.
Neun: Routing in Reaper
Das Routing in Reaper ist umfangreich. Wer sich noch nie mit der Funktionsweise eines Studios beschäftigt hat, oder wer sich noch nie mit dem Audiorouting in anderen DAWs auseinandergesetzt hat, der könnte am Anfang eventuell etwas überfordert sein. Ich will gar nicht großartig erklären, wie das alles in Reaper funktioniert, das wäre ein Thema für einen eigenständigen Blogpost.
Im Grunde ist das Routing in Reaper ganz einfach, wenn man einmal verstanden hat, wie es funktioniert. Jeder Track kann alles sein (Audio- Midi-, Bus-, Effekt,- oder Videotrack). Ich kann jedes Signal zu jedem Track leiten. Entweder ich nutze dafür das nette Routing-Menü – was wir im obigen Bild sehen – oder ich bediene mich einigen Shortcuts in Reaper.
Zehn: Ich kann eigene DSP Effekte direkt in Reaper programmieren
In Ableton kann man sowas mithilfe von MAX4Live machen. In Waveform gibt es SOUL und in Reaper gibt es JSFX. Das sind nicht etwa Effekte, die man in JavaScript programmiert, sondern Effekte, die man in der Skriptsprache EEL2 programmiert.
Die JSFX sind Effekte, die es in Reaper zu Hauf gibt und die sich mithilfe des eingebauten Editors einfach umprogrammieren lassen (einfach, wenn man weiß wie man programmiert …). Oder man programmiert einen komplett eigenen Effekt.
Die Standard-GUI der Effekte ist recht simpel – genau wie bei den nativen Effekten von Reaper, aber mit dem richtigen Know-How könnte man auch eigene GUIs zaubern. Ein gutes Beispiel ist hierfür der ReEQ:
Auch zu diesem Thema könnte man eine ganze Reihe von Blogposts schreiben…
Das waren meine 10 Gründe, warum ich Reaper in letzter Zeit fast ausschließlich benutze. Ich hätte nie gedacht, dass diese kleine aber mächtige DAW mich dermaßen fesselt und begeistert…
Chris
Danke, durch deinen Artikel bin ich auf Reaper aufmerksam geworden. Runtergeladen, gestartet – hat alles was ich brauche, höchstwahrscheinlich mehr als ich jemals brauche. Die Anpassungsmöglichkeiten finde ich sehr intuitiv.
Bernd W.
Hallo, das freut mich.