Arturia hat seine FX Collection wieder erweitert. Diesmal gibt es drei neue Modulations-Effekte, die allesamt von bekannten und berühmten Hardware Geräten abstammen. Das Trio besteht aus einem Chorus (Dimension-D) – der dem Dimension D von Roland nachempfunden ist – einem Flanger (BL-20) und dem Phaser Bi-Tron – der dem legendären Gitarren-Bodentreter Mutron Bi-Phase nachempfunden wurde.

Arturia Phaser Bi-Tron

Der Original-Effekt wurde 1974 entwickelt und von bekannten Künstlern, wie den Grateful Dead, Stevie Wonder, Smashing Pumpkins und natürlich Jimi Hendrix verwendet (obwohl der einen Dunlop Univibe benutzte … egal). Er gehörte zu den beliebtesten Phaser Fußtretern und ist heute echt schwer zu kriegen und wird daher zu unglaublichen Summen gehandelt. Zum Glück müssen wir nicht so viel Geld zum Fenster herauswerfen, um in den Genuss des Phasers zu kommen.

Arturia verkauft das Plugin derzeit für 99,- Euro. Und für knapp 150,-€ bekommt man momentan alle drei Modulations-Effekte. Wer die komplette Sammlung der Arturia Effekte erwerben möchte muss bis zum 13. September nur 299,- Euro hinblättern. Normalerweise kostet die Collection knapp 400,- Euro.

Funktionsweise

Während ein Chorus Effekt einen LFO benutzt um die Tonhöhe des Signals zu variieren und ein Flanger einen LFO benutzt, um das Delay des Signals zu variieren, nutzt ein Phaser einen LFO, um die Phase des Signals zu variieren. Das wäre die einfache Erklärung.

Etwas näher betrachtet erzeugt ein Phaser ein zweites Signal, zusätzlich zum eigentlich ankommenden Signal. Die Phase dieses zweiten Signals wird dann mithilfe eines LFOs verändert – d.h. dessen Phase wird ständig verschoben. Die Frequenzen der beiden Wellenformen (original und verschoben), die dann jeweils entgegengesetzt in Phase liegen, löschen sich gegenseitig aus. Aus diesem Grund bekommt das Phaser-Signal diesen berühmten welligen oder wobbeligen Charakter.

Phasenverschiebung (Quelle: Wikipedia)

Die digitale Softwareversion von Arturia ist wie alle Plugins der Franzosen eine Augenweide. Es ist natürlich sehr stark an das Original angelehnt, wartet aber mit einigen modernen Features auf.

Mutron Bi-Phase (Quelle: Reverb.com)

Aufbau

Ganz oben finden wir zunächst die beiden Sweep Sektionen, welche einfach zwei LFOs sind, die man entweder manuell anhand von Hertz-Angaben einstellen kann, oder synchron zur DAW. Den ersten Sweep Generator kann man auch mithilfe des Fußpedals regeln, das natürlich mithilfe der DAW-Automation ähhh … automatisiert werden könnte. Beide LFOs verfügen über einen Schalter zum Einstellen der Wellenform (Sine, Saw, Rec).

Die beiden LFOs…

Darunter finden wir die beiden Phasor (A und B), die man getrennt voneinander nutzen kann. Unten in der Mitte kann man dann entscheiden, wie die beiden geschaltet werden sollen. Jeder Phasor verfügt über zwei Tiefenregler (Depth 1 und 2), einen Ein-/Aus-Schalter, einen Feedback-Regler und die Möglichkeit das Sweepen per LFO zu bewerkstelligen oder per Fuß mit dem Pedal. Der zweite Phasor besitzt außerdem die Möglichkeit die Polarität des LFOs zu reversen.

Die beiden Phasor …

In den Default-Einstellungen ist nur der erste Phasor aktiv, dessen zweiter Tiefenregler hier komplett auf Null gedreht ist. Der Sound meiner Gitarre klingt dann so…

Intensität des Phasers

Die Tiefenregler und der Feedback-Regler regeln die Intensität des Phasers. Der Original-Effekt hatte pro Phasor nur einen Tiefenregler. Somit war der erste LFO nur für Phasor A zuständig und der zweite LFO nur für Phasor B. Arturia hat das etwas erweitert, sodass man auch in jedem Phasor den jeweils anderen LFO nutzen kann. Daher besitzen beide Phasor zwei Tiefenregler – einen für Sweep 1 und einen für Sweep 2.

Einen Feedback-Regler sieht man eher selten bei einem Phaser der 70er Jahre. Dieser Regler regelt die „Stärke“ des Phaser-Signals. Es verstärkt den Effekt quasi.

Das Fußpedal

Jeder Phasor verfügt über einen Sweep-Schalter. Mit diesem kann ich bestimmen, wie das Sweepen zustande kommt. Zunächst kann ich es ganz normal über den LFO regeln, oder mit dem Pedal. Wenn diese Option gewählt ist, kann ich mit dem Fußpedal den Phaser nach meinem Geschmack sweepen. Eine weitere Option wäre das + des Schalters. Hiermit wähle ich ebenfalls mithilfe des Pedals die Frequenz des Phasers, aber gleichzeitig schwingt der LFO um eben diese Frequenz.

Auch der LFO kann mithilfe des Fußpedals geregelt werden. Wenn hier der Schalter auf Pedal gestellt wird, kann ich mithilfe des Pedals die Frequenz des LFOs regeln.

Aber hey … Arturia macht hier natürlich nicht Halt. Das Fußpedal hat zwei Modi. Einmal den manuellen Modus und einmal den Envelope Follower! Ich finde genau dieses Feature wertet den guten alten Phaser nochmal so richtig auf. Der Phaser funktioniert nun ähnlich wie ein Auto-Wah, denn die Frequenz des Phasers wird nun anhand der Transienten des eingestellten Signal geregelt. Und ich muss nicht nur das zu verändernde Signal als Eingang nutzen, ich kann auch ein externes Signal (bspw. einen HiHat Track nutzen)

ein Envelope Follower!

Wenn ich meine Gitarre als Envelope Signal nutze, klingt das Ganze so…

Und wenn ich ein KickDrum eines anderen Tracks nutze, klingt das eben so…

Schraub‘ mal den Deckel ab…

Wenn man die V Collection von Arturia besitzt, dann weiß man, dass die Franzosen gerne mal unter die Haube schauen und dort schon mal den Schraubenzieher ansetzen. Auch beim Bi-Tron. Wenn man oben auf den Namen des Effekts klingt oder die typischen Doppelpfeile oben rechts in der Ecke, öffnet man die obere Abdeckung.

Hier offenbaren sich weitere Einstellungen: Ganz rechts finden wir einen Hi-Pass Filter, der die tiefen Frequenzen herausfiltert. Dazu gibt es für jeden Phasor einen Poles-Regler, mit dem man auswählen kann, wie viele Pole die Allpass-Filter der Phasor nutzen sollen. Je mehr Pole man wählte, desto schmaler wird die Bandbreite und umso intensiver der Effekt. Der Original-Effekt hatte 6 Pole und das ist hier auch die Standardeinstellung.

erweiterte Einstellungen…

Der R.INV-Schalter erlaubt des Umschalten der Polarität des rechten Kanals, der einzelnen LFOs. Ich muss zugeben, dass ich nicht genau weiß, was damit gemeint ist. Aber wenn ich bspw. nur den ersten LFO benutzen und dann den R.INV-1-Schalter einschalte bekomme ich ein interessantes Stereo-Signal. Man kann also ganz angenehme Stereo-Effekte damit erzielen.

Zu guter Letzt gibt es noch einen Mix-Regler. Ich finde es etwas seltsam, dass diese Regler etwas versteckt sind, aber man kann hier jeden Phasor mehr oder weniger ins Signal mischen.

… was noch?

Arturia hat natürlich haufenweise Presets dazu gepackt, die man – wie immer – über die obere Menüleiste auswählen kann. Hier findet man auch das Menü mit weiteren Einstellungen und Resourcen. Ich kann hier die Größe des GUI ändern (50% bis 200%), die Tutorials und Hilfe aufrufen und Presets im- oder exportieren.

Fazit

Arturia hat wieder ein wunderschönes Plugin hingezaubert. Ich kann nicht sagen, ob es genauso klingt wie das Original. Ich weiß auch nicht, ob es das beste Phaser-Plugin überhaupt ist. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass ich mit anderen Plugins ähnliche Resultate erzielen könnte, aber das Phaser Bi-Tron inspiriert mich einfach.

Das Original…

Dazu trägt die wunderbare Optik genauso bei, wie die netten Erweiterungen gegenüber der Original-Hardware. Ich hatte beim Ausprobieren gleich zwei oder drei nette Ideen für neue Songs und der Effekt macht sich nicht nur mit einer Gitarre gut. Mit ein wenig Einfallsreichtum kann man damit tolle Effekte für Pianos, Orgeln, Synths oder auch Drums erzielen. Ich muss zugeben, dass ich schon lange nicht mehr so viel Spaß mit einem Phaser hatte…