Kilohearts hat letztes Jahr mit Phase Plant für eine Menge Wirbel gesorgt, denn der modulare Synthesizer hat viele User begeistert und macht es immer noch. Die Möglichkeit in dieses modulare System die sogenannten Snapins zu integrieren, trägt sicherlich zu diesem Erfolg bei. Diese Snapins sind individuelle Effekte, die entweder in einen der drei Hosts von Kilohearts (Phaseplant, Snap Heap oder Multipass) genutzt werden können, oder aber einzeln in der DAW, genau wie andere Plugins auch.

Snap Heap mit Snapins…

Diese Effekte (die komplette Sammlung umfasst 37! Snapins) und Container gibt es schon seit 2016. Ich bin allerdings erst durch Phase Plant auf sie aufmerksam geworden und habe sie in den letzten Wochen vermehrt eingesetzt.

Snap Heap

Snap Heap ist ein Container, in den man die Snapins einfügen, und auf verschiedene Arten miteinander verbinden kann. Diese Möglichkeit der modularen Verknüpfung von Plugins ist nichts Neues. Die meisten DAWs bieten irgendeine Möglichkeit die Effekte zu „verdrahten“, besonders Bitwig treibt diese Modularität auf die Spitze. Der Vorteil von Snap Heap ist das User Interface. Es ist simpel, übersichtlich und eine Augenweide. Snap Heap selber gibt es nicht als Standalone App, sondern ist selbst auch nur als Plugin in einer DAW zu benutzen, aber von vorne…

Wenn man auf die Webseiten von Kilohearts surft, kann man das Snap Heap Plugin kostenlos herunterladen, zusammen mit einer Handvoll freier Snapins (3-Band-EQ, Chorus, Delay, Gain, Limiter und Stereo). Dieses freie Bundle ist unbegrenzt einsetzbar und kostet keinen Cent. Aber Snap Heap lebt von der kompletten Sammlung der Snapins, denn anders als bei den Patchern diverser DAWs, kann man in Snap Heap nur die Kilohearts Plugins einsetzen. Aus diesem Grund ist man mit dem freien Bundle ein wenig schwach ausgerüstet.

Aber Snap Heap ist mehr als nur ein Container für Effekte. Das Plugin bietet verschiedene Möglichkeiten der Modulation. Es gibt acht Macro-Regler, die mit allen möglichen Parametern der Effekte verknüpft werden können; 2 LFOs mit unterschiedlichen Wellenformen und der Möglichkeit synchron zum Tempo der DAW zu laufen; 2 Envelopes (ADSR), mit verschiedenen Modi; Pitch Tracker, welches die Tonhöhe des eingehenden Signals nutzt, um irgendwelche Parameter zu modulieren und es gibt die Möglichkeit eingehende Midi Signale zu Modulationszwecken zu nutzen.

LFO 1 und sechs weitere Modulatoren…

Man hat vier verschiedene Effektbusse, die standardmäßig alle seriell miteinander verknüpft sind. Man kann diese Busse individuell aktivieren bzw. deaktivieren, muten oder Solo schalten und man kann auch benachbarte Busse parallel schalten. Das bietet Einiges an Möglichkeiten.

Standardmäßig sind die Effektwege in Reihe geschaltet

Das ist alles ziemlich nett, sieht super aus und ist intuitiv zu bedienen. Allerdings kann man so etwas in den meisten DAWs auch mit den nativen Tools der Workstations bauen. In Bitwig bspw. gibt es Container, wie Chain, FXLayer oder FXSelector… und ich kann diese unendlich miteinander verschachteln. Außerdem kann ich jedes Plugin, auch die von Drittanbietern, einbauen und von Modulatoren brauchen wir in Bitwig gar nicht reden … 😉

Bitwig’s Container…

In Waveform gibt es das Rack, Ableton und Studio One haben ähnliche Ansätze. Aber was Snap Heap besser macht ist das User Interface. Alles ist in einem übersichtlichen Fenster untergebracht und sofort verständlich. Es gibt ausreichend Modulatoren und es ist immer sichtbar, was gerade moduliert wird … Nice!

Multipass

Der zweite Container von Kilohearts geht noch einen Schritt weiter. Im Gegensatz zu Snap Heap ist dieser auch kostenpflichtig. Er bietet aber eine Funktion, mit der sich kreativ nette Sachen umsetzen lassen. Er bietet ebenfalls Unterschlupf für die Snapins, aber diesmal kann man die Effektgänge in verschiedene Frequenzbereiche aufteilen. Ich könnte also die mittleren Frequenzen mit einem Delay versehen, die Bässe verzerren und die Höhen in süßen Reverb baden.

Multipass in Action…

Zusätzlich zu den Effektgängen der einzelnen Frequenzbänder (ich kann übrigens bis zu 5 Bänder anlegen!) gibt es einen Pre FX Kanal und einen Post FX Kanal. Das ist schon ein nettes Spielzeug und lädt zum Experimentieren ein.

Aber auch dieser Ansatz ist nicht revolutionär, denn Bitwig kann das ebenfalls. Es gibt dort die Multiband-FX, einmal mit 3 Bändern und einmal mit 2 Bändern. Und ich kann diese wieder bis ins Unendliche miteinander verschachteln. Übersichtlich geht allerdings anders und hier strahlt dann wieder Kiloheart’s Multipass!

Die Effekte

Wie gesagt, bekommt man mit Snap Heap eine Handvoll Gratis-Effekte geschenkt. Alle weiteren müsste man einzeln dazukaufen. Es gibt verschiedene Bundles. In meinen Augen macht die Ultimate Toolbox aber am meisten Sinn. Diese kostet zwar knapp 500 Euro, aber man kann sie auch monatlich für knapp 10 Euro „mieten“. Ich will hier keine Werbung machen und ich erhalte von Kilohearts auch nichts für diesen Beitrag. Die Effekte haben es mir einfach angetan. Die komplette Toolbox umfasst aber auch noch den modularen Phase Plant Synthesizer und den subtraktiven Synth One. Kurzum, man bekommt alles.

Aber die Effekte haben für mich persönlich den größten Wert dieser Toolbox. Sie sind schlicht und äußerst funktional designed, klingen hervorragend und sind wirklich musikalisch einsetzbar, egal, ob für einfache Mixing Aufgaben oder für’s Sound Design…

Man bekommt alle Standard-Tools, die man für die tägliche Arbeit benötigt: 3-Band-EQ, Bitcrusher, Compressor, Delay, Flanger, Filter, Reverb, … was das Herz begehrt. Alle Snapins konnten mich überzeugen und viele würde ich den nativen Plugins meiner DAW vorziehen. Einige fand ich dann besonders nett:

Chorus

Der Chorus ist in meinen Augen sehr musikalisch. Verglichen mit dem Bitwig Chorus habe ich hier auf Anhieb schöne Ergebnisse erzielt. Es gibt einen Delay-Regler, der den Delay für die Voices einstellt (2 oder 3 Voices: Taps). Dann gibt es jeweils einen Regler für Depth und Rate und einen sehr schönen Spread-Regler, der das Signal breiter macht.

Comb Filter

Der Comb Filter mischt das Originalsignal mit einer verzögerten Version von sich selbst und kreiert einen Filter mit Wiederholungen und Spitzen, verteilt im gesamten Spektrum.

Es gibt einen Regler für den Cutoff des Filters, der den Abstand der Spitzen regelt. Mit dem Polarity Schalter switched man die Spitzen mit den Durchgangfrequenzen hin und her und der Stereo Schalter ändert die Polarität des rechten Kanals, sodass Mono-Material in Stereo erscheint.

Distortion

Ein wirklich guter Verzerrer, der viel weniger harsch klingt, als die meisten einfache Distortion Pedale. Er verfügt über 6 verschiedene Verzerrmethoden und man kann die Dynamics regeln. Es klingt so, als würde dieser Regler die Transienten des verzerrten Signals etwas verkürzen, schwer zu erklären. Es gibt wieder einen Stereo Spread Regler, an den ich mich bei allen Snapins richtig gewöhnt habe.

Ensemble

Das Ensemble Snapin klingt so, als würde das Signal in mehrere Stimmen, die in Unison zueinander spielen, aufgeteilt. Ich habe den Effekt jetzt noch nicht an Vocals ausprobiert, aber das passt sicherlich ganz gut. Man kann von 2 bis 16 Stimmen auswählen und den Grad der Verstimmung einstellen, was aber nie unmusikalisch klingt. Natürlich gibt es wieder einen Regler für die Stereo-Breite und man hat die Möglichkeit die Bewegung der Stimmen im Stereofeld synchron zueinander oder rein zufällig einzustellen.

Reverser

Der Reverser dreht Stücke des Signals um und spielt sie etwas verzögert ab. Natürlich kann man den Effekt synchron zur DAW laufen lassen und die Länge der Rückwärtsfetzen einstellen. Der Crossfade Regler hilft, eventuelle Pops und Clicks im Signal zu vermeiden.

Tape Stop

Tape Stop klingt wie ein Tape Deck, dass langsam gestoppt wird 😉 Simpler, fast schon ausgelutschter Effekt, aber ich mag ihn. Man kann die Zeit einstellen, die das virtuelle Tape braucht, bis es steht und genauso die Start Zeit. Außerdem kann man entschieden, ob der Vorgang einer linearen, exponentiellen oder logarithmischen Kurve folgt.

Trance Gate

Trance Gate ist eigentlich auch ein Standard-Effekt, aber sehr schön in einem einfachen Plugin umgesetzt. Hier wird die Amplitude des Signals einfach in einer rhythmischen Sequenz moduliert. Alles lässt sich einfach einstellen … sehr schön.

Transient Shaper

Ich glaube der Transient Shaper ist der beste, den ich je benutzt habe. Das Zusammenspiel zwischen dem Attack Regler und dem Pump Regler, der das Signal direkt nach der Transienten nochmal regelt, ist fantastisch. Richtig guter, musikalischer Effekt.

Slice EQ

Ein EQ, der einfacher nicht zu bedienen sein könnte. Hier gibt es nicht allzu viel zu sagen. Gute Arbeit!

Disperser

Der Disperser ist gar nicht so einfach zu beschreiben. Eine Mischung aus Filter und Delay. Den Effekt muss man einfach mal selber ausprobiert haben. Er kann tolle Sachen mit dem Signal machen…

Fazit

Snap Heap und Multipass sind definitiv gute Plugins, die man aber leider nur mit den eigenen Snapins betreiben kann. Da haben viele DAWs mit ihren nativen Lösungen oder auch der MB-7 Mixer von Blue Cat die Nase etwas vorn. Allerdings macht Kilohearts mit ihren GUIs wieder einiges wett und die Modulationsmöglichkeiten sind auch fantastisch umgesetzt.

Mich persönlich interessieren einzelne Snapins aus der reichhaltigen Sammlung viel mehr. Ich hatte sehr viel Spaß beim Testen der Effekte und kann diese ausnahmslos empfehlen.