… Und mit Sound Designer meine ich nicht nur Menschen, die hauptsächlich Sounds für Filme, Spiele oder sonstige Medien designen, sondern jeden Musiker der mithilfe von Instrumenten und Effekten Klänge erzeugt, die abseits der gängigen, klassischen Sounds liegen.
Eines vorweg: Jede DAW, wirklich jede – von Audacity bis Renoise, von Adobe Audition bis zum Magix Music Maker, über Cubase, Live, FL Studio oder Garage Band – verfügt über genügend Möglichkeiten Musik zu recorden / produzieren und Sounds zu designen.
Allerdings verfügt Bitwig Studio über einige Features, die diese DAW prädestinieren von Sound Designern bevorzugt zu werden. Mittlerweile liegt Bitwig Studio in der Version 3.1 vor und verfügt nach jedem Versionsschritt über neue kreative Tools. Klar, dass Einschränkungen die Kreativität beflügeln und es nicht immer das Beste ist, wenn es zu jedem Arbeitsschritt ein spezielles Werkzeug gibt. So gesehen, müsste Audacity eines der besten Sound Designer Tools sein. Und wer weiß, vielleicht ist es das auch für viele.
Bitwig besitzt aber nicht alle gängigen Tools der Musikproduktion. Gerade in Bezug auf Werkzeuge, die für viele Produzenten zur Grundausstattung jeder modernen DAW gehören (Comping, Chord Tracks, Advanced Midi Editing). Aber darum soll es an dieser Stelle gar nicht gehen.
Es geht eher darum Sounds zu kreieren, an die man vorher vielleicht gar nicht gedacht hat oder Werkzeuge so einzusetzen, wie man es zunächst gar nicht geplant hat. Diese kreativen Spielereien verlangen grundlegende Tools, die einem dazu ermutigen Sachen einfach mal auszuprobieren. Bitwig verfügt über solche Mittel. Daher hier nun 8 Gründe, warum Bitwig eine gute Wahl für Sound Designer darstellt.
1. Modulatoren
Jeder Synthesizer verfügt über Modulatoren: LFOs, Step Sequenzer, Envelopes, die man auf irgendwelche Parameter eines Synths anwenden kann um den Sound interessanter zu machen. Aber Bitwig Studio hat den Einsatz von Modulatoren nicht einfach auf die nativen Instrumente der DAW beschränkt. Es gibt haufenweise freie Modulatoren, die man auf alles und jeden anwenden kann.
Bei dem Einsatz ist man nicht nur auf DAW-eigene Instrumente oder Effekte beschränkt. Nein, ich kann jeden Modulator auf alles mögliche verwenden. VST-Instrumente oder Effekte, externe Hardware Synths, die ich über Bitwig steuere oder Midi-Parameter, mit denen ich dann Parameter in anderer Software verbiege (VCV Rack). Und es gibt nicht nur ein paar LFOs oder Step-Sequenzer, nein … es gibt einiges mehr.
Insgesamt gibt es 32 Modulatoren aus verschiedenen Kategorien. Dazu gehört auch ein Audio-Sidechain, den man mit jeden beliebigen Track als Inputsignal füttern kann und mit dessen Hilfe irgendwelche Parameter anhand dieses Audiosignals moduliert werden können.
Deshalb braucht man sich auch nicht wundern, warum der Kompressor in Bitwig keine Sidechain Möglichkeit besitzt … wozu auch, denn in Bitwig besitzen schlichtweg alle Devices die Möglichkeiten des Sidechainings.
Die Möglichkeiten sind endlos und die Modulatoren laden dazu ein, die Parameter verschiedenster Instrumente und Effekte zu verbiegen oder bewegen.
2. Der Sampler
Der native Bitwig Sampler wurde ab der Version 2.4 komplett überarbeitet. Schon vorher war er durchaus zu gebrauchen. Er konnte Multisamples und mithilfe der Modulatoren war natürlich einiges möglich. Der „neue“ Sampler hat allerdings ein paar Features dazu bekommen, die den Sampler um einiges aufgewertet haben.
Es gibt nun drei Abspielmodi für Samples. Das traditionelle Repitch, dass man vom alten Sampler und von fast allen anderen einfachen Samplern auch kennt. Man kann die Geschwindigkeit einstellen, wodurch sich dann auch die Tonhöhe ändert. Der nächste Modus ist Cycles, was einem Wavetable Synth ähnelt. Seit der Version 3.1 von Bitwig kann man sogar Wavetables importieren. Drittens wäre da dann noch Textures, dass das Sample in Grains unterteilt und somit nette Effekte hervorruft.
Zu jedem Modus gibt es verschiedene Einstellmöglichkeiten und man kann in jedem Modus das Sample quasi einfrieren und und mit dem Prozentregler durch das Sample „scratchen“, wie bei einem Plattenspieler. Alles kann moduliert werden und bietet somit verdammt viele Möglichkeiten mit Samples zu arbeiten.
Außerdem kann der Sampler natürlich Multisamples und auch dieser Bereich wurde mit der Version 2.4 komplett überarbeitet. Es ist nun einfacher Gruppen anzulegen, die Samples automatisch auf Velocity Ebenen zu verteilen und vieles mehr. Alles in allem ein mehr als vollwertiger Sampler für ein natives Instrument einer DAW.
3. Voice Stacking
Mit der Einführung des Phase-4 Synthesizers in der Version 2.3 wurde auch ein weiteres starkes Feature zu allen Instrumenten der DAW hinzugefügt: Das Voice Stacking. Man kann quasi die Stimmen per Note erhöhen. Wenn man nichts weiter ändert, hört erstmal keinen Unterschied.
Wenn man dann aber den Voice-Stack Modulator einsetzt und jede einzelne Stimme ein wenig verändert (Leichte Änderungen der Tonhöhe sind ein bekanntes Beispiel, wenn man einen Unison Effekt erreichen will), dann kann man dem Sound mehr Dynamik, Leben und Weite einhauchen oder einfach nur abgefahrene Sound kreieren.
4. Audio Editing
In jeder DAW kann man Audiomaterial bearbeiten. Bitwig behandelt Samples etwas anders … oder besser gesagt, sie werden nochmals in eine Hülle gepackt. Im Grunde gibt es in Bitwig nur Clips und diese können entweder Noten oder Audiosamples enthalten. D.h. alle Samples in Bitwig werden nochmals in eine Hülle gepackt.
Zu jedem Clip stehen einige spezielle Automationskurven zur Verfügung, wie Gain, Pan, Pitch und Formant. Außerdem kann Audio selbstverständlich auch gestretched werden. Seit der Version 2.x gibt eine Vielzahl von Stretch-Algorithmen, die allesamt verschiedenste Einstellungen anbieten, die allesamt zu Experimentieren einladen.
Das Setzen von Stretchpunkten ist ein Leichtes und das Verbiegen und Stretchen von Audiomaterial geht einem sehr leicht von der Hand. Wenn man sich erst einmal an das Clipkonzept von Bitwig Studio gewöhnt hat, sind der Kreativität auf Sample-Ebene keine Grenzen mehr gesetzt.
5. Automation
Wie bereits erwähnt gibt es Automation in Bitwig auf verschiedenen Ebenen. zum Einen kann man jedem Clip verschiedenste Automationskurven verpassen, die dann beim Verschieben oder Kopieren mitgeführt werden. Außerdem kann jeder Track im Arrangement seine eigenen Automationskurven besitzen – wie bei jeder anderen DAW auch.
Allerdings kann man mit der Clip-Automation noch einiges mehr anstellen. Wenn ich in einem Clip einen Parameter beispielsweise automatisiere, dann könnte ich dazu noch eine weitere Kurve addieren. Wenn ich also im Verlauf den Filter langsam öffnen möchte, diesen Verlauf aber etwas in jedem Clip ein wenig variieren will, kann ich das in jedem weiteren Clip mit einer unterschiedlichen, addierten Kurve machen … wahrscheinlich habe ich das jetzt zu kompliziert erklärt 😀
6. Clip – und Arrangement-Ansicht Hand in Hand
Mit einzelnen Clips zu arbeiten ist in DAWs nichts Neues. Ableton hat damit angefangen und einige haben es kopiert, Bitwig eben auch. Aber Bitwig hat das Handling etwas verbessert. Man kann nämlich die Clips und das gängige Arrangement gleichzeitig laufen lassen und so mit verschiedenen Clips in unterschiedlichen Teilen des Songs experimentieren.
Die Clip-Ansicht neben dem Arrangement ist der perfekte Ort, um Neues auszuprobieren und Teile auszutauschen. Das ist jetzt nicht unbedingt essentiell für Sound Designer, aber ich wollte das nicht unerwähnt lassen.
7. Modulares Design
Ja, Bitwig ähnelt einem modularen Synthesizer mehr als jede andere DAW. Das mag zwar für viele zunächst kompliziert und vielleicht abschreckend klingen, aber man kann diese Tatsache auch komplett ausser Acht lassen, falls es einem einfach egal ist.
Wie auch in Ableton werden alle Devices (Instrumente, Effekte, Modulatoren,…) in der Device-Leiste im unteren Bereich des Bildschirms platziert. Auf den ersten Blick sehen diese Devices recht simpel aus: Sie besitzen wenig bis gar keine Modulatoren, die Instrumente besitzen keine Effekte. Wie gesagt, sieht das nur auf den ersten Blick so aus.
Jedes Device kann unendlich viele Modulatoren beinhalten (welches VST-Instrument kann das von sich behaupten?). Auch VST-Instrumenten anderer Anbieter kann man Modulatoren zuweisen! In jedes Device kann man unendlich viele Effekte einnisten, teilweise sogar in verschiedene Teile des Effekts. Man kann auf Audiomaterial anderer Tracks zugreifen und diese zur Modulation oder zum Sidechaining nutzen. Man kann sich seine Effekte quasi so bauen, wie man will.
8. The Grid
Dieses modulare Design aus Punkt 7 haben die Entwickler mit dem Grid nochmal auf die Spitze getrieben. Denn nun gibt es noch grundlegendere Bausteine, die man miteinander verbauen kann.
Jetzt kann man seine eigenen Instrumente und Effekte bauen, diese mit anderen Instrumenten und Aufnahmen eines Arrangements verknüpfen, Modulatoren auf einzelne Bausteine anwenden …. Unendliche Möglichkeiten. Das kann manchmal sogar einschüchternd sein. Man muss das alles aber ja nicht so nutzen, aber falls einem die Muse küsst und die Idee für einen neuartigen, abgefahren Sound kommt, hat man genügend Möglichkeiten diese Idee in die Tat umzusetzen.
Viele vergleichen The Grid mit dem modularen Baukasten Reaktor von Native Instruments. Das Grid ist aber viel einfacher und intuitiver zu benutzen – deshalb vielleicht auch nicht ganz so mächtig. Man kommt einfach schneller zum Ziel, hat aber trotzdem alle Freiheiten.
Für mich persönlich sind diese 8 Punkte die Gründe, die Bitwig so einzigartig machen und zum perfekten Werkzeug fürs Designen von Sounds … was immer das auch heißen mag.
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