Die Vorteile von Bitwig für’s Sound Design habe ich an anderer Stelle schon in den höchsten Tönen gelobt. Aber Bitwig hat nicht nur Instrumente, Modulatoren und Effekte, die den Sound Designer unterstützen. Die DAW eignet sich auch hervorragend um Audiomaterial grundlegend zu bearbeiten.
Bitwig Studio behandelt Audiomaterial etwas anders, als die meisten anderen DAWs. Während man bei Ableton oder Waveform im Arrangement oder Clip-Launcher direkt mit den Samples arbeitet, werden in Bitwig alle importierten oder aufgenommenen Samples in einem Container verpackt. In Bitwig ist dies ganz allgemein ein Clip. Die eigentlichen Samples befinden sich in diesem Clip. Ein Clip kann aber auch Midi-Noten enthalten. Nach außen hin ist es immer ein Clip, egal welcher Inhalt drin steckt. Aus diesem Grund kann man in Bitwig auch „Audioclips“ und „Midiclips“ zusammen auf einem Track einsetzen.
Wenn ich nun ein Sample in das Arrangement- oder Clip-Launcher-Fenster ziehen, erhalte ich einen Clip, in dem das Sample gepackt wurde. Wenn ich nun einen Doppelclick auf diesen Container mache, öffnet sich unten der Detail Editor. Diesen Editor kann ich links nochmal unterteilen, entweder auf die Trackansicht, in der ich alle Clips eines Tracks sehe, oder auf die Clipansicht, in der ich den ausgewählten Clip bearbeiten kann.
Nun kann ich die einzelnen Audio-Events (so heißen die eigentlichen Audiosamples in Bitwig) im Clip sehen und bearbeiten. Ich würde auf jeden Fall empfehlen, dass man sich angewöhnt sein Audiomaterial im Detail-Editor zu bearbeiten, weil man hier direkt mit den Samples arbeitet. Es ist natürlich auch möglich im Arrangement direkt die Clips zu editieren (schneiden, trimmen, Fades anlegen, …), aber im Detail-Editor hat man viel mehr Möglichkeiten.
Wenn ich im Detail-Editor im Untereditor „Clip“ bin und die Auswahl links auf Audio Events gestellt habe, kann ich mit den Samples arbeiten. Hier kann ich einen Bereich auswählen (Zeitauswahl) und mit STRG+E ausschneiden, Fades setzen und auf dem ausgewählten Audio-Event allerlei grundlegende Einstellungen ausführen, welche mir im Inspektor angezeigt werden (den Inspektor kann ich mit i ein- bzw. ausblenden).
Es kommt natürlich immer auf den jeweiligen Arbeitsschritt an, was man mit seinem Audiomaterial machen möchte. Wenn ich mit meiner Band recorde, und ich einen Gitarrenpart auf einem Track aufgenommen habe, werde ich die Lautstärke anpassen, unnötige Teile (Am Anfang, am Ende und eventuelle Pausen) ausschneiden, Fades einfügen und eventuell Effekte auf den Track legen.
Wenn ich alle Änderungen auf Sampleebene fest in meine Aufnahme rendern will, dann führe ich per Rechtsklick ein Bounce in Place durch. Hier werden alle Fades, Gain-, Pitch- oder Pan-Änderungen auf Sampleebene in den Clip geschrieben.
Falls ich auch die Track-Effekte fest in den Clip rendern will, muss ich ein normales Bounce durchführen. Dann wird der gerenderte Clip auf einem neuen Track angelegt und alle Effekte und samplebasierten Änderungen sind fest im neuen Clip geschrieben.
Samples editieren und exportieren
Ein ganz anderer Arbeitsschritt wäre z.B., wenn ich mit dem mobilen Recorder unterwegs war, und haufenweise Found Sounds importieren, schneiden und einzelne Samples bearbeiten und exportieren will. Auch hier empfiehlt es sich, im Detail-Editor zu arbeiten, denn Clips kann ich nicht einfach so als .WAV Dateien exportieren (zumindest nicht mal eben schnell).
Ich persönlich fange immer damit an, dass ich zunächst einmal meine Aufnahme unterteile in die einzelnen Samples, die ich auf jeden Fall behalten und weiter bearbeiten möchte. Dazu schneide ich mir die einzelnen Clips aus der Aufnahme aus und klicke dann im Kontextmenü auf Consolidate, damit der einzelne Clip von der kompletten Aufnahme gelöst wird. Danach ziehe ich mir den zu bearbeitenden Clip auf einen neuen Track und fange an mit der Bearbeitung des Samples (Hüllkurve einzeichnen, Effekte anwenden, Lautstärke anpassen, etc…).
Wenn ich mit der Bearbeitung fertig bin und ich alle Effekte und Änderungen bouncen will, klicke ich im Kontextmenü auf Bounce, damit auch die Effekte mit in die Datei geschrieben werden. Jetzt ist das fertig bearbeitete Sample wieder in einem neuen Track und ich kann entscheiden, ob ich den kompletten Clip in den Browser schieben will, wo er dann als Bitwig-eigener Clip gespeichert wird, oder ob ich das Sample als .WAV-File sichern will, damit ich es in allen möglichen Samplern und Anwendungen nutzen kann. Dazu gehe ich in den Detail-Editor und ziehe das Audio-Event auf den Desktop.
Audio stretchen
Mal angenommen, ich habe einen netten kleinen Song angefangen und komme irgendwie nicht weiter … verplempere etwas Zeit auf Youtube und finde dort ein Percussion Sample in einem alten Soul-Song, dass ich unbedingt klauen will und ihn meinen Track einbauen muss. Ja, sollte man nicht machen, könnte man aber … iss ja auch nur ein Beispiel.
Ich sample den Percussion Part und ziehe ihn in meinen Track (übrigens, falls man nicht weiß, wie man eben schnell etwas Audiomaterial aus einem Browser oder einer anderen Anwendung aufzeichnet: Audacity kann das problemlos.)… ja, passt natürlich nicht. Ist ja auch mit Sicherheit ein ganz anderes Tempo.
Was mach ich jetzt? Ich schaue mir zunächst mal im Detail-Editor die Percussion Loop an und suche mir einen geeigneten Anfang. Hierzu eignet sich immer gut ein KickDrum-Hit, oder so. Im Inspektor stelle ich den Mode auf „Elastique Pro„, weil wir das Audiomaterial ja stretchen wollen. Mein Projekt ist auf 110BPM eingestellt und das Sample steht ebenfalls auf diesem Wert, welcher aber nicht stimmt.
Jetzt stelle ich mir den Tempo-Wert des Samples manuell ein, bis es ungefähr mit den Beats meines Grids im Detail-Editor überein stimmt. Ich habe hier z.B. darauf geachtet, dass die markanten SnareDrum-Hits immer ungefähr auf dem zweiten Schlag (1.2, 1.4, …) passen. Die Feinheiten kann ich gleich noch einstellen.
Im Detail-Editor gehe ich nun im linken Menü auf Stretch und ich kann mir jetzt die markanten SnareDrum-Hits suchen und diese auf jeden zweiten Schlag platzieren. Dazu klicke ich bei den Transienten der Snares im unteren Bereich des Editierfensters und setze einen Stretchmarker … diesen kann ich jetzt auf die passenden Beats schieben, dass mache ich ungefähr 2 Takte lang. Dort schneide ich die Loop und lösche den Rest. Jetzt habe ich eine 2-taktige Percussion Loop, die schön zu meinem Track groovt.
Schreibe einen Kommentar