Vorgestern Abend war es soweit. Ein Blick in meine Twitter Timeline zeigte einen Tweet, den ich fast überlesen hätte. Die erste Beta von Bitwig Studio 3 steht zum Download bereit … ich glaube Version 3 der Berliner Ausnahme-DAW wird von der Gemeinde noch sehnsüchtiger erwartet als damals die Version 2. Aus diesem Grund überschlugen sich dann auch die Kommentare im offiziellen Bitwig Forum.

Der neue Splash-Screen

Im Januar auf der NAMM hat Bitwig die kommende Version 3 vorgestellt und damals schon mächtig Staub aufgewirbelt, als klar wurde, dass demnächst ein komplett modulares Sound Design System – The Grid – in Bitwig 3 verfügbar sein wird. Schon vor der offiziellen Version 1 der Software wurde so etwas in der Art angekündigt und die Bitwig Fans haben nun fünf Jahre darauf gewartet.

The Grid auf der NAMM 2019…

Schon von Anfang an war Bitwig auf Modularität ausgelegt. Ähnlich wie in Ableton Live kann man Effekte und Tools verschachteln und spätestens seit der Version 2 – mit Einführung der Modulatoren – ging Bitwig einen Schritt weiter in die modulare Richtung als die großen Konkurrenten auf dem DAW-Markt.

The Grid in voller Pracht

2019 könnte kein besserer Zeitpunkt sein, um seiner DAW ein modulares System zu verpassen. Ich denke 2019 ist das Jahr der modularen Synthesizer. VCV Rack gibt es seit knapp 2 Jahren und wird immer größer. Reaktor hat in seiner neuesten Version einiges von VCV übernommen und macht es seinen Usern nun auch einfacher Patches zu erstellen. Einige Softwarehäuser haben modulare Synths als VST-Instrument veröffentlicht und auch die Hardware Systeme nehmen immer mehr Fahrt auf. Modularität liegt wieder voll im Trend … ein guter Hype für meinen Geschmack.

Der Vorteil von Bitwig’s Grid ist aber die intuitive Bedienung. Bei einem System wie beispielsweise VCV Rack – genauso wie bei einem echten modularen Synth – muss man schon ein wenig Ahnung von der Materie haben, um überhaupt einen Sound zu hören. Bitwig macht es dem User einfacher und übernimmt viele Faktoren eines Patches. Ob dies die Möglichkeiten zu sehr einschränkt, bleibt abzuwarten.

Also, nachdem Bitwig (wie auch Ableton) dem Nutzer schon immer eine gewisse Makromodularität bot – d.h. der User konnte fertige Instrumente mit Effekten und Modulatoren verschachteln – bietet Bitwig nun endlich auch Mikromodularität (ähnlich wie Max For Live). D.h. ich habe nun eine Art Lupe zur Hand bekommen, mit der ich in meine eigenen Instrumente und Effekte reinschauen kann und die Interna selbst verdrahten kann.

Aber von vorne…

Was ist sonst noch alles neu in der Version 3 von Bitwig Studio – zumindest in der ersten Betaversion? Zu lesen war auf jeden Fall, das die Audi-Performance auf Mac Systemen nochmals verbessert wurde … das liest man gerne.

Neue Presets

Logischerweise gibt es neue Presets … es gibt ja auch einen neuen Synth – leicht untertrieben (Poly Grid) – und eine Umgebung zum Designen von Audio-Effekten (FX Grid)

Themes

Themes für Bitwig? Nicht ganz, aber man kann die dunklen Farben etwas anpassen … quasi den Kontrast des Standardthemes etwas ändern und das Ganze etwas heller oder dunkler machen. Gute Idee, aber ich bin persönlich recht zufrieden mit dem Standardtheme.

Neue Font(s)

Irgendwie sieht die Beschriftung der verschiedenen Items in Bitwig etwas anders aus. Die Trackbezeichnungen, die Modulbeschriftung etc … das sieht alles etwas eleganter(?) und frischer(?) aus. Mir gefällt’s auf jeden Fall.

Allgemein wurde die GUI überarbeitet

Ganz allgemein wurde die grafische Oberfläche wieder überarbeitet. Ich glaube bei jedem Update wurden einige Module etwas verbessert und die GUI verfeinert. Auch jetzt sind einige Veränderungen zu sehen. Der Compressor, der Limiter und das Oscilloscope z.B. wurden überarbeitet, die neue Schrift habe ich ja schon erwähnt. Es sieht mal wieder alles etwas frischer aus.

Legato für Clips

Soweit ich weiß, wurde dieses Feature von vielen Usern sehnsüchtig erwartet. Einfach ausgedrückt heißt Clip Legato, dass wenn man z.B. zwei Clips im Launcher hat – jeweils mit einer Länge von einem Takt – und ich den zweiten Clip ab da launche, wenn der erste gerade bei 1/4 des Taktes angelangt ist, dann wird der zweite Clip ab 1/4 des Taktes starten und nicht am Clipanfang wie bisher. Für mich persönlich nicht allzu relevant, scheint in der Community aber eine große Sache zu sein.

Ableton User erfreuen sich über Clip Legato schon des Längeren. Hier wird das Feature einmal anhand von Live erklärt.

Zeitanzeige in der Taktleiste

Im Arrangement kann man sich oben zusätzlich zu den Beats und Takten jetzt auch zusätzlich die Zeit des Tracks anzeigen lassen … nice!

The Grid!

Das wahre Highlight der kommenden Version 3 ist natürlich the Grid! Die Umgebung, die es dem User ermöglicht seine eigenen Instrumente und Audio Effekte zu bauen – mit den gleichen Bauteilen, die man größtenteils auch in einem modularen Synthesizer Setup findet.

Getting Around in the Grid…

Poly Grid

Die Umgebung zum Erstellen von eigenen Instrumenten ist Poly Grid. Anfangs war noch geplant zwei Umgebungen anzubieten – einmal für monophone Synths (Mono Grid) und einmal für polyphone Synths (Poly Grid). Man hat sich nun für ein einziges Setup entschieden, bei dem man die Anzahl der Voices einstellen kann. Wenn diese auf 1 gestellt werden, ist das Instrument ja automatisch monophon.

Es gibt 16 unterschiedliche Modul-Kategorien

Poly Grid verfügt zum Zeitpunkt der Beta1 über genau 147 Module, die in 16 Kategorien aufgeteilt sind. Jedes Modul kann entweder von der obigen Modul-Leiste bequem per Drag ’n‘ Drop in die Umgebung gezogen werden oder anhand eines Rechtsklicks innerhalb der Umgebung aus einem Menü ausgewählt werden.

Auch per Rechtsklick können Module hinzugefügt werden…

Auch die Verbindungen werden wie in anderen modularen Software Synthesizern auch mithilfe der Maus von einem Ausgang eines Moduls zu einem Eingang eines anderen Moduls gezogen. Oder man zieht ein neues Modul direkt auf den Ein- oder Ausgang eines vorhandenen Moduls, dann werden diese beiden Module automatisch miteinander verdrahtet.

Einige Module haben auch schon die ein oder andere Standardverdrahtung. Beispielsweise ist jedes Oszillator-Modul schon automatisch mit den Pitch-Informationen des Midi-Eingangs verbunden, welches dann rechts unten im Modul durch ein kleines Keyboard-Symbol (wie man es vom Sampler kennt) angezeigt wird.

Genauso verfügen die Envelopes über eine feste Gate-Verdrahtung mit dem Midi-Engang. Somit muss man einen Oszillator nur mit einem ADSR verbinden, diesen dann mit dem Audio-Ausgang und kann sofort mit einem Midi-Controller oder einem Midi-Track der DAW loslegen, während man bei anderen modularen Systemen die Gate und Pitch-Informationen händisch verdrahten muss.

Die Verbindung der Module ist wesentlich intuitiver als in Konkurrenzprodukten

Richtig gut finde ich die Hilfe, die man sich zu jedem Modul anzeigen lassen kann. Entweder über den Inspektor, wenn man ein Modul ausgewählt hat oder dann über F1 …. oder man klickt mit der rechten Maustaste auf das Modul und wählt Show Item Help. Man bekommt nun eine Hilfeseite zu jedem Ein- und Ausgang und zu jedem veränderbaren Parameter.

Hilfe des ADSR-Moduls

Das ist wirklich vorbildlich und eine bessere Hilfe habe ich bisher nur bei Max / MSP gesehen … vielleicht noch bei SuperCollider. Diese Hilfe ist auch nicht nur ein statisches Bild, man kann auf dem Hilfe-PopUp auch jeden Parameter normal benutzen.

Da ich gerade den Inspektor erwähnt habe … Dort bekommt man durchaus nützliche Informationen angezeigt. Wenn man den Inspektor des Grid-Moduls (also der eigentlichen Umgebung) ansieht, kann man hier die Anzahl der Voices einstellen (standardmäßig ist das Grid hier auf monophon eingestellt und man kann bis zu 64 Voices einstellen), Angaben zum Voice Stacking machen und diverse andere Parameter einstellen.

Je nachdem welches Modul man gerade mit der Maus ausgewählt hat, ändern sich die Anzeigen im Inspektor. Besonders hilfreich sind die Angaben für die Ein- und Ausgänge der Module. Beim ADSR werden zum Beispiel die Gates vom Modulausgang, die Signal-Ein- bzw -ausgänge und die ausgegebene Hüllkurve angezeigt.

Auch bei den verschiedenen Oszillatoren sieht man immer die Signale, die am OSC anliegen und die ausgegeben werden.

Besonders zu erwähnen ist nochmal, dass die Modulatoren, die man dem Poly Grid vorschalten kann – wie jedem anderen Device in Bitwig auch – auch allen Modulen und deren Parameter in der Umgebung zugewiesen werden können. Und es wird noch besser: Es gibt im Grid bei den I/O Modulen auch einen Modulator Out. Diesen kann ich an den Ausgang eines Moduls anklemmen und somit einige Module auch als Modulatoren verwenden … das ist nice 😀

FX Grid

Die Module in FX Grid Umgebung sind zunächst genau dieselben, die auch im Poly Grid vorhanden sind. Allerdings wird man hier weniger einen Oszillator als Soundquelle wählen, sondern eher einen Audio-eingang, denn das FX Grid ist eher als Setup zum Erstellen von Effekten gedacht.

Genau wie das Poly Grid Device äußerlich ist auch das FX Grid Device aufbebaut. Es gibt die Bitwig-typischen Device Parameter auf der linken Seite: An / Aus, Presets laden, Anzeige vergrößern, sowie Makros und Modulatoren.

Dann gibt es einen globalen Pitch-Regler und einen Glide Regler (außerdem noch einen Schalter um Legato-Glide enzuschalten). Dann hat man Slots für Pre- und Post FX. Anders als beim Poly Grid gibt es hier einen Mix Regler. Beim Poly Grid erscheint an dieser Stelle ein Gain-Regler (Out).

Viel mehr gibt es zunächst nicht zu sagen. Das Ganze verspricht viel Spaß und Freiraum zum Experimentieren. Da werden demnächst wohl ein paar Stunden für drauf gehen. Ich würde gerne nach und nach etwas zu den verschiedenen Modulen und Möglichkeiten des Grids schreiben. Wie das genau aussehen wird, ist aber noch unklar. Ich freue mich auf jeden Fall auf die nächsten Wochen…