Ich mag Tape und ich mag Vinyl, nicht nur den Sound sondern auch die Medien an sich. Aber darum soll es hier nicht gehen. Es geht hier um Sound und da sind Tape und Vinyl gerade wieder gefragt. Digitale Reproduktionen der Unzulänglichkeiten von analogen Techniken vergangener Tage rufen derzeit unzählige Entwickler auf den Plan, die haufenweise Plugins raushauen, um diese schönen Klänge in der digitalen Audio Workstation nachzuahmen.
Ich selber habe auch schon so einige Plugins ausprobiert und fand manche davon richtig gut. Derzeit befindet sich aber nur das Slate’s Virtual Tape Machines in meiner Sammlung.
Solche Plugins sind nicht billig und man bezahlt einen großen Teil für die liebevoll gestalteten Oberflächen der Effekte. Und nachdem ich vor ein paar Wochen das ganz wunderbare RC-20 Retro Color Plugin von XLN Audio getestet habe, dachte ich daran, das Geld zu sparen und den Versuch zu starten so etwas in Bitwig selbst zu bauen…
RC-20 kann natürlich noch mehr als nur die Charakteristika von Tape und Vinyl nachzubilden. Digitalen Krach, röhrenähnliche Verzerrung und magnetisches Brummen stehen ebenfalls auf dem Programm, aber in diesem Beitrag soll es nur um Tape und Vinyl gehen.
Vinyl Color
Was macht Vinyl so besonders? Wenn man Hifi-Enthusiasten fragt, soll Vinyl besser klingen als jedes digitale Signal. Hmmm, der Diskussion will ich mich mal nicht hingeben, denn mir fällt bei Vinyl als erstes Knacksen und Kratzen ein. Staub und Kratzer auf einer Schallplatte werden von der Nadel gnadenlos erfasst und wiedergegeben.
Außerdem macht es sich bemerkbar, wenn die Nadel älter wird. Das Signal verzerrt im Laufe der Jahre immer mehr. Und zu guter letzt rauscht das Signal eines Plattenspielers, wenn man es nur laut genug aufdreht und der Vorverstärker vielleicht nicht der beste ist.
Um das Knacksen einer Schallplatte zu emulieren eignet sich ein Noise Signal in Verbindung mit dem wunderbaren Bit-Crusher Bit-8 in Bitwig Studio. Um Noise zu erzeugen gäbe es mehrere Möglichkeiten in Bitwig. Zum einen könnte ich ein FXGrid nehmen mit einem Noise Modul, aber einfacher ist dann doch das DC-Offset Device mit einem Random-Modulator im kHz-Bereich. Schöner Krach.
Jetzt will ich eben die tiefen Frequenzen filtern und dahinter ein Bit-8 Device einfügen, dass ich folgendermaßen einstelle:
Wenn ich nun den Chance Regler etwas hochdrehe, bekomme ich fieses Knacksen, dass dem einer alten Vinylscheibe recht nahe kommt.
Dahinter setze ich nun noch ein Tool Device, um die Lautstärke zu kontrollieren. Also habe ich den Chance Regler für die Intensität der Knackser und die Amplitude für die Lautstärke. Diese beiden Regler hole ich mir als Makros in ein FXLayer Device, in das ich als ersten Layer meine Effektkette mit dem DC-Offset packe.
Als nächstes möchte ich etwas Hintergrundnoise (Rauschen) einfügen, um dem Ganzen etwas mehr analogen Flair zu verleihen. Hierzu nehme ich wieder eine random modulierten DC-Offset, bei dem ich mit einem zweiten Random Modulator das Feedback der ersten leicht moduliere.
Dann nehme ich mir wieder einen Filter und nutze einen Bandpass-Filter, um das Rauschen zu färben. Zum Schluss setze ich wieder ein Tool Device dahinter, bei dem ich die Amplitude und das Panning ganz leicht moduliere. Den Amplituden Regler packe ich mir wieder auf ein Makro, um die Lautstärke des Rauschen einstellen zu können.
Jetzt fehlt nur noch eine Möglichkeit das Alter der Nadel zu „ändern“. Wenn eine Nadel richtig alt wird, dann verzerrt das Signal irgendwann und die Platte klingt nicht mehr wirklich sauber.
Das realisiere ich wieder einfach mit einem Bit-8 Device. Den Effekt stelle ich folgendermaßen ein und ich nutze einfach den Mix-Regler zum Justieren:
Wenn ich jetzt ein wenig mit den einzelnen Parametern spiele, klingt das Ganze über einer Piano-Schleife so:
Gefällt mir. Das war’s schon für den Vinyl Teil. Falls jemand Interesse an dem Device hat, kann er es hier herunterladen.
Tape Color
Bei Tape fällt mir auch Rauschen ein. Aus diesem Grund werde ich das Layer mit dem Rauschen aus dem Vinyl Color Effekt kopieren und im Tape Color Effekt einfügen. Hier will ich nur das Panning etwas breiter modulieren, damit das Rauschen etwas weiter links und rechts hin- und her schwingt. Außerdem will ich die Schwankungen in der Amplitude etwas subtiler einstellen. Als Makroregler dient nur wieder die Lautstärke des Rauschens.
Als nächstes kümmern wir uns um das typische Leiern (Wow) einer Cassette. Hierfür nutze ich einfach mal einen Pitchshifter, bei dem ich die Tonhöhe ganz eben nach oben und unten moduliere (random). Den Mix-Regler nehme ich als Makroregler für die Intensität des Wow-Effekts.
Wichtig wäre noch die Qualität des Tapes. Je älter dieses wird, desto verzerrter und gefilterter wird der Sound. Aus diesem Grund nehmen wir hier einen Bitwig-Amp und stelle die EQs und das Cabinet ein wenig ein…
Zusätzlich packe ich noch einen Verzerrer (Distortion) auf ein weiteres Layer und packe mir einen weiteren Makro-Regler in mein Tape Color Device, welchen ich mit dem Mix-Regler des Verzerrers und dem Mix-Regler des Amps belege. Nun kann ich beide gleichzeitig hinzumischen und das emuliert ein älteres Tape ganz gut.
Das war es eigentlich schon. Ein simpler Vinyl– und ein Tape-Effekt selbst gebaut. Das ist das Schöne an Bitwig und dem modularen Konzept der DAW, man kann sich Einiges selber bauen. Ich hätte mir etwas mehr Mühe geben können, aber man kann da ja noch so Einiges nachregeln 😉 Wer Interesse an dem Tape Color hat, man kann ihn hier herunterladen…
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