Kaum erscheint eine Ankündigung, dass für die Lieblings-DAW ein Update in Arbeit ist, muss man dieses auch haben. Selbst wenn die neuen Features einen nicht wirklich vom Hocker hauen, will man unbedingt auf dem neuesten Stand sein. Die letzten Monate war man vollkommen zufrieden (ist man jemals vollkommen zufrieden?) mit der Software und auf einmal ist sie nicht mehr genug.
Aber es geht natürlich nicht nur um Updates für unsere Recording-Software. Das Smartphone muss auf dem neuesten Stand sein, das Betriebssystem des Laptops und auch alle anderen Apps auf unseren Gadgets…
Da ich hier viel über neue Software aus dem Bereich elektronischer Musik und Recording schreibe, folge ich natürlich diversen Kanälen über Twitter und kriege ständig mit, wenn Updates zu interessanten Apps erscheinen. Außerdem lerne ich auf diesem Weg auch viele Tools kennen, die ich bis dato gar nicht kannte. Wenn etwas interessant erscheint, dann schaue ich mir dies meistens kurz an und wenn ich begeistert bin, dann schaue ich es mir auch genauer an und schreibe etwas dazu.
Auf der einen Seite stille ich damit mein eigenes Verlangen nach Neuem und natürlich auch das der (sehr überschaubaren) Leserschaft. Die Frage ist nun, ob es gut ist oder ob das vielleicht schlecht ist. Auf der einen Seite macht es mir persönlich sehr viel Spaß mit neuer Software herumzuexperimentieren, darüber zu schreiben und sie zu bewerten. Und gerade wenn man einen Blog betreibt, der darauf ausgelegt ist Neuigkeiten zu präsentieren, kann es nicht perfekter laufen. Auf der anderen Seite habe ich immer so ein paar kleinere Ziele im Jahr, die ich ganz gerne erreichen will.
Dabei handelt es sich immer nur um kleinere Sachen, wie das Vertiefen einer Programmiersprache, ein Instrument intensiver zu beherrschen und auch genügend Songs für ein Album zu recorden. Das Spielen mit neuer Software nimmt relativ viel Zeit in Anspruch und diese fehlt mir dann für meine Vorhaben… Da kommt dann die Frage auf: Was ist mir wichtiger … oder besser, womit wäre ich zufriedener? Um ehrlich zu sein, befriedigt mich das Schreiben über Neues auf lange Sicht nicht.
Ich habe hier eine Handvoll Applikationen installiert, zu denen ich seit einigen Monaten immer wieder zurückkehre und die ich nun wirklich bis ins letzte Detail beherrschen möchte. Dabei handelt es sich um Bitwig Studio, SuperCollider und VCV Rack. Ich will diese auch wirklich nutzen, denn Musik zu machen ist nunmal deren Hauptaufgabe. Dazu bin ich in den letzten Monaten mal wieder kaum gekommen, weil immer wieder etwas Neues meine Aufmerksamkeit verlangte.
Da ich merke, dass dieses schon fast zur Sucht wird und eventuell auch eine Flucht vor schwierigeren Aufgaben – aber ich will an dieser Stelle gar nicht eine Psychoanalyse meiner selbst vornehmen – will ich meinen Konsum auch in dieser Beziehung drastisch stoppen. Ich habe in meinem persönlichen Blog letzten Monat schon etwas von einem Tiefen Jahr geschrieben. Dabei geht es darum für ein Jahr keine neuen Bücher, keine neue Musik und keine neuen Gadgets zu kaufen. Und außerdem keine neuen Hobbies oder Interessen zu beginnen. Ein Jahr lang das zu vertiefen, was man eh schon tut, die alten Platten zu hören, die ungelesenen Bücher zu lesen und auch schon gelesene nochmal zu vertiefen.
Genau das will ich nun auch für diesen Blog umsetzen. Zumindest ein Jahr lang nur die Tools nutzen, die ich meistens benutze, SuperCollider zu vertiefen und das begonnene Online-Buch zu schreiben, Bitwig Studio voll auszuschöpfen und als Synthesizer zusätzlich zu den eh schon in Bitwig vorhandenen Instrumenten nur noch VCV Rack zu nehmen.
Das heißt, ich werde in den nächsten zwölf Monaten nur noch Artikel zu diesen großen Themen schreiben. Ich habe jetzt gerade noch einen Artikel über den abgefahrenen Sequenzer ORCA in Arbeit, den werde ich in den nächsten Tagen noch fertig stellen, weil ich da schon relativ viel Zeit investiert habe, aber danach wird ein tiefes Jahr begonnen.
Das wird sicherlich nicht einfach, und ich werde hierfür mit Sicherheit meine Online-Nutzung und besonders das Lesen meines Twitter Feeds und diverser Blogs einschränken und größtenteils sogar meiden müssen. Auf meinem Smartphone werde ich den Browser verstecken. Drastische Maßnahmen, aber ich habe in den letzten Wochen und auch schon Monaten gemerkt, dass eine Sucht nach Neuem, besonders verstärkt durch digitale Medien und dem Internet keine Propaganda irgendwelcher Aufmerksamkeitssuchenden ist. Das ist einfach real und hat bei vielen schon etliche Stunden pro Tag verschluckt. Dem will ich in Zukunft einfach entgegenwirken.
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