Am Anfang war er nur Begleiter für Orgelspieler. Ob auf der Bühne oder zuhause, Orgelspieler brauchten einen Rhythmus, damit ihr Heimorgelspiel noch funkiger wurde und der Rest der Familie eine Grundlage zum Tanzen hatte. Daher wurde der erste offizielle Drumcomputer genau hierfür entwickelt, zur simplen Begleitung des Alleinunterhalters.

Der erste kommerziell produzierte „Drumcomputer“ war der Wurlitzer Side Man aus dem Jahre 1959, der genau für oben erwähnte Zwecke entwickelt wurde. Es gab zwar vorher schon andere Lösungen, aber die gingen nie in Serie.

1959 wurde ein Schlagzeuger erstmals durch eine Maschine ersetzt… (Quelle: 120years.net)

12 verschiedene Rhythmen (Waltzer, Foxtrott, Bossanova,…) hatte der Side Man drauf und die Klänge der einzelnen Drums wurden mithilfe von Röhren erzeugt. Er war groß, schwer (komplett im Holzgehäuse inkl. Verstärker und Lautsprecher) und man konnte nur die vorgegeben Rhythmen in verschiedenen Geschwindigkeiten abspielen.

In den 60ern wurde die Röhrentechnologie von Transistoren abgelöst. Die Rhythmusmaschinen wurde deswegen etwas kleiner und leichter, später wurden sie sogar teilweise direkt in die Orgeln eingebaut. 1963 wurde dann die japanische Firma Korg gegründet (damals noch unter dem Namen Keiko-Giken) und entwickelte einige Rhythmusgeräte. 1967 wurde der Minipops veröffentlicht, eine kompakte Rhythmus Maschine, die auf jedem Schreibtisch Platz fand.

Der Minipops 3 mit den verschiedenen Rhythmen (Quelle: matrixsynth.com)

Zur selben Zeit hat die Firma Ace Tone (später ist hieraus dann Roland entstanden) an verbesserten Schaltungen gearbeitet und mit dem FR-1 Rhythm Ace eine Lösung auf den Markt geschmissen, die es – neben den vorgegebenen Rhythmen – dem Spieler auch ermöglichte die einzelnen Sounds (BassDrum, Cymbals, Claves und Cowbell) mithilfe von 4 Tastern selber zu spielen.

Der Ace Tone Rhythm Ace im schicken Gehäuse. (Quelle: swingcitymusic.com)

Hat denn jemand die Maschinen wirklich benutzt?

Auch wenn die Rhythmus-Maschinen eigentlich aus der Not entstanden, dass es vielfach nicht so einfach war einen echten Schlagzeuger auf den Plan zu rufen, nutzten viele Größen des Pop-Universums diese Geräte, weil sie die Sounds mochten und diese neu waren. Der erste Popsong in den Charts, der den Rhythmus mithilfe einer Drum Machine hielt, war Robin Gibb’s „Save By The Bell„.

Welche Maschine dort genau eingesetzt wurde, konnte ich leider nicht herausfinden. Aber auch andere Größen der Popmusik in den 70ern benutzten die neuen Geräte in ihren Aufnahmen, Sly And the Family Stone, Can und auch Pink Floyd, auf ihrer 7ten Platte „Obscured By Clouds“ aus dem Jahre 1972.

In den 70er Jahren kamen dann auch endlich die ersten Maschinen, mit denen man Rhythmen selber „programmieren“ konnte. Allen voran der EKO ComputeRhythm aus dem Jahre 1972. Von dieser Maschine wurden angeblich nur 20 Stück produziert. Sie sind daher verdammt begehrt und falls man mal die Chance bekommt einen zu kaufen, muss man dafür sicherlich ein Vermögen hinblättern.

Auch Ace Tone legte nach und brachte 1975 den Rhythm Producer FR-15 heraus, der neben den verfügbaren bekannten festen Rhythmen auch die Möglichkeit der Beat-Programmierung besaß. 1978 kam dann Roland mit dem ersten Klassiker auf den Markt, der auch einen Mikroprozessor besaß, mit dessen Hilfen man programmierte Patterns speichern und wieder abrufen konnte. Der CR-78 ist auch heute noch recht beliebt.

Ich mag den simplen Sound der frühen programmierbaren Geräte von EKO oder auch Roland. In den 70ern wurde der Sound noch immer durch analoge Synthese generiert. Denn im Grunde waren die ersten Drum Machines abgespeckte analoge Synthesizer, die nur für kurze Drum Hits gebaut wurden. Während den Snare Sounds und Cymbals neben einfachen Waveformen noch Noise dazugemischt wurde, kam die BassDrum beispielsweise mit einem einfachen Oszillator mit einer simplen Sinuswelle oder anderen grundlegenden Waveformen aus. Aus diesem Grund sind die alten Kisten auch noch so beliebt, denn bekanntlich sind Musiker auch Nostalgiker.

Die Digitaltechnik erobert die Studiotechnik

Anfang der 80er sollte sich technisch einiges ändern. Der Linn LM-1 Drumcomputer war 1980 dann die erste Maschine, die digitales Sampling nutzte um Drumsounds abzuspielen. Mit ihm wurden außerdem heute so gängige Konzepte, wie Swing, Shuffle und Quantisierung eingeführt. 500 Stück wurden nur gebaut, aber trotzdem ist auch der LM-1 heute ebenfalls eines der begehrtesten Modelle, weil gerade er die Musiklandschaft dank der neuen Technologie kräftig veränderte. Sein Sound wurde in viele großen Produktionen der Popmusik verewigt.

Der erste Drumcomputer, der Samples abspielte (Quelle: matrixsynth.com)

Der LM-1 enthielt 12 Samples von 28kHz und man konnte die Patterns in Echtzeit „einspielen“ oder schrittweise programmieren. Es war Platz für sage und schreibe 100 Patterns in dem Computer. Diese schöne neue Welt hatte aber ihren Preis. Nur große Studios konnten sich solch ein Gerät leisten.

Aufgrund dieses kleinen Gerätes hatten tatsächlich viele Session Drummer in den 80ern Angst, dass sie von Maschinen ersetzt werden. Aus diesem Grund haben viele zusätzlich angefangen, sich mit der Programmierung solcher Drumcomputer zu beschäftigen. 😉

Viele Anbieter von Synthesizern fingen in den 80ern an auf den Zug zu springen und eigene Drumcomputer auf den Markt zu schmeißen. Roland blieb Anfang der 80er aber noch seiner Linie treu und brachte den TR-808 heraus, der anfangs aber wenig beachtet wurde, weil er nicht die moderne Sampletechnik verwendete, sondern weiterhin auf analoge Synthese setzte. Sein Vorteil war aber der Preis, deswegen war der 808 beliebt in der Underground Dance- Techno- und Hip Hop – Szene. Außerdem mochte man in diesen Kreisen den analogen Sound.

Damals konnte noch keiner ahnen, dass sich der 808 zum beliebtesten aller Drumcomputer mauserte (Quelle: rolandus.com)

Seltsamerweise konnten viele Musiker und Fans Ende der 80er Jahre den typischen Sound der LM-1 Samples nicht mehr hören und so setzte sich die 808 an die Spitze der beliebtesten Drum Machines. Nicht ganz unschuldig ist der kräftige BassPunch der Kickdrum, den man im Magen spüren konnte.

One day I got a yearning to play music, but the instruments I wanted did not yet exist and so I had to make them on my own…

…sagte Ikutaro Kakehashi in einem Interview 2016. Er hat unter anderem die 808 entwickelt. Er verstarb im April 2017.

Der Siegeszug der Software

Um die Jahrtausendwende hatten die Hardware Drumcomputer weitgehend ausgedient, obwohl bis heute viele Fans die Geräte mit viel Freude benutzen und auch in professionellen Produktionen einsetzen, wird in den meisten Fällen Software zur Rhythmusproduktion verwendet. Komischerweise sind es aber die Sounds der alten Legenden, die in den meisten Fällen in Sampleform  zum Einsatz  kommen.

Das VST-Plugin Nepheton der D16 Group emuliert die TR-808 mit authentischen Samples und Software-Sequenzer. (Quelle: d16.pl)

Während die Hardware Drum Machines vorgegebene Samples abspielen, besteht bei den Software Samplern in den meisten Fällen die Möglichkeit, die Samples auszutauschen. Bei neueren Geräten ist dies heutzutage aber vielfach auch möglich, deshalb ist eigentlich nicht zu unterscheiden zwischen Hardware und Software, sondern zwischen Sample-Playern, mit vorgegeben Audiosamples (Hardware oder auch spezielle VST-Plugins) und Samplern, die man mit allen erdenklichen Audiosamples füttern kann.

Es ist natürlich nachvollziehbar, warum viele die bewährten Sounds der alten Drum Machines in ihrer Musik einbauen. Aus dem gleichen Grund benutzen wir auch heute noch den gleichen Klang eines Pianos, den bewährten Beat eines echten Drumkits oder auch die milliardenfach gehörten Sounds einer akustischen bzw. elektrischen Gitarre. Man muss nicht für jedes Stück Musik immer wieder komplett neue Sounds erfinden.

Moderne Software Sampler bieten unendliche Möglichkeiten in der Audiobearbeitung. Hier ist der Kontakt Sampler von Native Instruments zu sehen. (Quelle: rekkerd.com)

Der Sound, den man wählt um seine Musik zu präsentieren ist natürlich immer eine persönliche Einstellung und Geschmackssache. Wenn ich in einer Band spiele, mit klassischer Besetzung (Schlagzeug, Bass, Gitarre), dann habe ich nicht allzu viele Möglichkeiten den Sound zu verändern (auch wenn die Auswahl der Gitarreneffekte nahezu unüberschaubar geworden ist). Sobald die Aufnahmen aber in einer Digitalen Audio Workstation aufgenommen sind, habe ich im Grunde wieder Samples vorliegen, die ich im Anschluß bearbeiten kann wie ich will … aber das ist ein anderes Thema 😉

Was ich nur etwas schade finde – und das habe ich in diesem Artikel schon erwähnt – ist die Tatsache, dass vielfach zu altbewährten Mitteln gegriffen wird und jede musikalische Schublade ihre vorgegebenen Sounds hat. Der Techno Kracher sollte unbedingt TR-909 Drum Machine Sounds benutzen, der Metallsong muss vor verzerrten Gitarren nur so protzen und der Hip Hop Beat wird am besten mit der TR-808 gebaut. Es gibt natürlich immer mal wieder Ausnahmen, die sich nicht vorschreiben lassen, welche Sounds sie für ihre Songs einsetzen. Ganz selten wird auch mal ein mutiger Einsatz von Sounds zu einem kommerziellen Erfolg … aber in den meisten Fällen wird benutzt was sich bewährt hat.

Was war noch gleich das Thema des Beitrags? Achja, Drum Machines. Seit einigen Jahren wird vermehrt wieder zu Hardware Lösungen gegriffen, teilweise sogar mit analogen Synthesizer Sounds. Die Frage ist, ob man einfach nur die alten Klänge vergangener Zeiten huldigen will, oder ob man vielleicht einfach kreativer arbeiten kann, wenn die Möglichkeiten etwas eingeschränkter sind? … Wer weiß.

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