Es wäre doch schön, wenn man ein Orchester einfach durch Drücken eines Knopfes spielen lassen könnte… Keine Platzprobleme, keine Individuen und immer die gleiche astreine Performance. So etwas in der Art muss sich Harry Chamberlin Ende der 40er Jahre des vergangenen Jahrhunderts gedacht haben. Also entwarf er ein Instrument, dass ähnlich wie ein Piano aussah und hinter jeder Taste verbarg sich eine Schleife aus Tonband, die das wiedergab, was zuvor aufgenommen wurde. Der erste Sampleloop Player wurde 1949 geboren.
In den 60ern wurde daraus das Mellotron und Stars wie die Beatles oder die Beach Boys machten das Instrument bekannt.
Ender der 60er Jahre hielt die integrierte Schaltung Einzug in die Musikelektronik und Samples konnten auf einem IC gespeichert und sofort wiedergegeben werden. Der Rest ist Geschichte. Heute ist es völlig normal, dass DAWs oder Sampler Instrumente mit riesigen Libraries geliefert werden, die entweder Loops oder einzelne Samples enthalten die jeder, der für die Software bezahlt hat, frei in seiner Musik benutzen kann.
Dank Time Stretching und den Bequemlichkeiten heutiger Audio Workstations wäre es ein Leichtes ein Stück Musik innerhalb kürzester Zeit zusammen zu klicken. Logischerweise würden dann alle Songs dieser Welt irgendwann ähnlich klicken, aber allzu weit sind wir davon nicht entfernt 😉 Es ist also nicht mehr zwingend nötig, dass man ein Instrument beherrscht, das Tempo halten kann und mit anderen Musiker zusammen etwas komponiert. Der Musiker wird vielmehr zum Computerspezialisten, der Software, Synthesizer, Samples und virtuelle Studio Techniken (VST) in Einklang bringen kann.
Aber ich will hier nicht allzu weit abschweifen, denn jeder muss für sich selbst entscheiden, ob er die Arbeit anderer nimmt und daraus sein eigenes Werk macht oder ob er Samples nur einsetzt, um Akzente zu setzen. Denn im Grunde mache ich es mir ja schon relativ einfach, wenn ich ein Drum-Plugin-VST einsetze und dessen Samples mit einem Midi-Schlagzeug spiele. Denn die Arbeit der Mikrofonierung und Aufnahme hat im Grunde ein anderer gemacht…
Output hat im August diesen Jahres den Einsatz von Sampleloops auf die Spitze getrieben und ein Instrument entwickelt, dass in erster Linie Loops auf Tastendruck abspielt – wie auch schon das Mellotron – aber zweitens das Instrument mit Effekten versehen, die den Sampleplayer in ein ganz anderes Licht rücken.
Der Aufbau von Arcade
Arcade besteht aus Loops, diese sind zu Kits zusammengefasst (15 Loops inkl. Effekten über zwei Oktaven auf den weißen Tasten einer Piano-Tastatur verteilt). Die Kits, die thematisch zusammenpassen sind dann zu einer Line zusammengepackt. Zu diesem Zeitpunkt gibt es 17 Lines, die thematisch recht weit gefächert sind und sich für jede Musikrichtung anwenden lassen. Es kommen fast täglich neue Loops hinzu, die qualitativ wirklich hochwertig sind … das ist natürlich aber immer Geschmacksache. Aber man muss an den Loops nicht mehr viel schrauben, damit diese in Produktionen zur Geltung kommen.
Wie bereits erwähnt, sind die Loops eines Kits über zwei Oktaven verteilt. Wenn man also ein 25-Tasten Midi-Controller besitzt, wie beispielsweise das Arturia Minilab, liegt alles perfekt angeordnet vor einem.
Der Sampler
Wenn ich nun mit der Maus über eine Taste auf der Bildschirmtastatur des Plugins fahre, sehe ich zwei Optionen aufpoppen. Zum Einen gibt es den obligatorischen Wiedergabeknopf, um das Sample abzuspielen und darunter gibt es einen Edit-Button, der nach einem Klick den integrierten Sampler auf den Bildschirm bringt.
Wie man es von Output kennt ist das GUI liebevoll gestaltet und eine Augenweide. Der Sampler bietet alles, was man von einem Sampler erwartet: Darstellung der Wellenform, nebst Einstellungen für Samplestart/-ende, Filter, Volume, Pan, Attack und Release, Crossfade. Rechts kann man das Sample noch Pitchen (der TimeStretch Algorithmus ist gut) und einige Abspieloptionen wie Reverse, Loop, PingPong und OneShot (H). Außerdem gibt es hier Sends und Posts für Effekte.
Im Advanced Bereich unter der Wellenform kann man noch die Synchronisation mit dem Tempo der DAW einstellen, einen Regler für Formant und diverse Einstellungen für die Anschlagstärke. Ein vollwertiger Sampler also.
Ganz oben kann man noch einstellen, wie die Loop gespliced werden soll: Anhand eines Grids (1 Bar bis 1/64 Bar) oder anhand der erkannten Transienten.
Die Effekte
Wenn ich nun mein Augenmerk auf die schwarzen Tasten der Tastatur richte, fallen mir verschiedene seltene Symbole auf. Ein Klick auf Edit öffnet ein anderes Popup-Fenster. Hier kann ich oben links einen von 3 Effekten auswählen. Ich spreche hier nicht von klassischen Effekten, wie Reverb, Distortion oder ähnlichem … dazu komme ich später. Ich spreche hier von verschiedenen Möglichkeiten das Abspielen der Loop zu beeinflussen:
1 Resequence:
Als ich mich mit diesem Sequenzer nur eine Viertelstunde herumgespielt habe, habe ich ganz feuchte Hände bekommen. Wenn man kurz darüber nachdenkt, welche Möglichkeiten man hier mit seinen eigenen Found Sound Loops hat, ist man eventuell ganz kurz überwältigt … Eigene Loops? Ich greife voraus 😉 Dieser Sequenzer hier ist im Grunde nichts wirklich Neues, aber aber er gehört zu dem Arcade Gesamtpaket dazu und passt wie Faust auf’s Auge.
Ich habe hier die Möglichkeit bis zu 16 Steps zu nutzen, für jeden Step ein Sampleschnipsel festzulegen und diesen mit verschiedensten Einstellungen zu triggern: Lautstärke, Reverse, Speed sowie Attack und Decay. Allein der Sampler und dieser Sequencer würden mich bewegen, für dieses Plugin Geld auszugeben. Ich war monatelang Fan von Renoise Redux und dessen trackerartigen Sequenzer. Dieser macht alles viel intuitiver.
2 Playhead
Wenn ich ehrlich bin, hatte ich hier im ersten Moment so etwas cooles, wie die Funktionen des neuen Bitwig Samplers erwartet. Aber … ok, hier ist es nicht ganz so abgefahren 😀 Ich kann durch Druck auf die Taste mit diesem Effekt das Sample solange rückwärts spielen lassen oder schneller oder an eine bestimmte Stelle springen, eine kleinen Bereich loopen … Das ist an sich schon ganz nett, wenn man da etwas Kreativität an den Tag legt … ja, das Plugin übernimmt nicht alles, obwohl die Library mit ihren Presets schon einiges vorgelegt hat.
3 Repeater
Yupp, der Repeater ist das was man erwartet … ein Repeater.
Unten kann ich die Steps eines Sequenzers einstellen, außerdem die Lautstärke jedes Schritts und es gibt ein paar Buttons zum Randomizen, Leeren der Sequenz, die Sequenz umzukehren und die einzelnen Steps umzukehren. Ich kann noch einstellen, wie lang die einzelne Wiederholung sein soll und wie genau im Grid die Wiederholung getriggert werden soll. Wenn ich die letzte Option auf 1/64 stelle, kann ich quasi irgendwo in der Loop eine Wiederholung einfügen.
Die Wiederholung wird übrigens genau an der Stelle in der Sampleloop ausgeführt, an der ich die Taste für diesen Effekt drücke. Schon nett…
Jetzt aber wirklich die Effekte…und der Mixer
Output baut bekanntermaßen wirklich gute Audioeffekte in seine Plugins. Ich muss allerdings gestehen, dass ich noch nicht wirklich viele davon getestet habe. Ich bin auch nicht wirklich ein Fan davon, dass jedes virtuelle Instrument über eigene Effekte verfügt. Ich kenne die Effekte meiner DAW und eventuell das ein oder andere weitere VST Effektplugin und weiß, wie ich diese einzusetzen habe. Daher ignoriere ich meistens die zusätzlichen Effekte diverser Instrumente.
Da ich hier 15 Loops auf einer Tastatur verteilen kann und somit 15 Sampler in einem Track vereinen kann … aber nicht muss – ist es schon nicht schlecht, wenn ich jeder Loop seine eigenen Effekte zuweisen kann. Aus diesem Grund bin ich froh, dass Output hier ein paar eingebaut hat und natürlich einen Mixer, um alles unter einen Hut zu bekommen
Der Mixer ist relativ einfach zu bedienen. Es gibt Volume und Pan. Dazu zwei Effektbusse (Send1 und Send2) und einen Masterbereich mit Volume und Pan und der Möglichkeit auch hier bis zu 4 Effekte unter zu bringen.
Jeder Kanal (bzw. jede Sampleloop) kann dann die Sends dazuregeln, wie man es vom Mischpult einer DAW kennt. In jedem Effektbus können bis 2 Effekte eingesetzt werden. Alles ziemlich Standard … wie gesagt … trotzdem hilfreich und die Effekte sind wirklich gut. Es gibt:
- Chorus
- Compressor
- Mutitap Delay
- Stereo Delay
- Distortion Box (mit 3 verschiedenen Verzerrern)
- Equalizer
- Filter
- Limiter
- LoFi
- Phaser
- Reverb
Die Einstellungen der einzelnen Effekte sind schlicht und übersichtlich und der Reverb klingt wirklich gut…
Modulation und Macros…
Links neben der Tastatur, unter dem Mixer-Button, gibt es noch ganz unten einen Button um die Modulatoren aufzurufen. Zum einen den klassischen LFO und außerdem einen weiteren Step-Sequenzer mit bis zu 32 Steps.
Wenn man in den Sampler geht und einen der Drehregler mit der rechten Maustaste anklickt, dann kann man hier einen Modulator auf diesen Regler zuweisen (übrigens auch einen Regler des Midi-Controllers). Leider ist diese Möglichkeit des Modulierens nur auf ausgewählte Parameter des Samplers oder der Audioeffekte möglich. Also man kann nicht wirklich ALLES modulieren … schade 😉
Der andere Button unter dem Mixer Button unten links ist übrigens für die Macros. Dies sind 4 Regler im Performance Fenster der einzelnen Lines, die man sich mit ausgewählten Effekten belegen kann und dann immer schnell zum Ändern auf dem Bildschirm hat. Hier sind z.B. der Filter, Stereo-Effekt, Reverb und Delay auf die Macros gelegt worden:
Die Library
Wie schon eingangs erwähnt wächst die Library stetig an. Es gibt mittlerweile 17 Lines und in diesen Lines sind teilweise an die 80 Kits (Drum Mesh). Wie gesagt, in den Kits sind dann 15 Loops plus Effekte. Man bekommt ’ne Menge. Wenn man ine Line aufruft, sieht man die Kits dieser Line. Standardmäßig sind einige Kits mit der Installation des Plugins bereit vorhanden. Weitere Kits kann man einfach Knopfdruck „dazuinstallieren“ Selbstverständlich ist es möglich vorher in die Samples reinzuhören. Bei den Kits, die installiert sind kann man mit dem LOAD-Button rechts das Kit auf die Tastatur laden und benutzen.
Und diese Kits bzw. Lines sind durchaus vielfältig. Da gibt es „After Hours“ mit dunklen Synthloops, „Aura“ mit teilweise spookigen Ambience Zeugs, „Drum Mesh“ mit allerlei akustischen Rhythmen von Jazz bis Heavy Rock … richtig gute Drumloops oder „Toys“ mit wunderbaren Percussion-Loops aus Spielzeugen… und, und, und. Ich denke allein diese Auswahl an hochwertigen Samples wird für viele ein Grund sein hier zuzuschlagen. Denn selbst wenn man nicht diese Möglichkeiten des Samplers und der Sequenzer hätte, könnte man allein mit den fertigen Presets schon eine Menge anfangen.
Eigene Loops und Kits anlegen!
Jetzt wird’s ernst … denn ja, man kann auch eigene Loops nutzen und sich eigene Kits anlegen. Das ist GROSS! Ich kann meine eigenen Samples, Loops anlegen als Kits speichern, Effekte anlegen. Das macht Arcade wirklich zu einem vollwertigen Sampler.
Ich habe jetzt in den letzten 10 Minuten zwei Loops in das Instrument gezogen, ganz kurz mit dem Resequenzer etwas zusammen geklickt und ein Piano darüber gespielt … man kommt hier schnell zu Ergebnissen (auch wenn das hier recht stümperhaft ist):
Ich werde in nächster Zeit den Sampler und seine Sequenzer noch ausgiebig testen und schauen, inwieweit ich Arcade in meine Musik einbringen kann.
Fazit
Eines habe ich noch gar nicht erwähnt – Output hat ein Subscription Model für Arcade. D.h. man bezahlt monatlich für das Instrument. Es sind knapp 10 Euro im Monat, aber man kann Arcade für die ersten 100 Tage komplett kostenlos nutzen. Ich habe das Instrument jetzt einige Tage auf der Festplatte und in dieser Zeit gab es schon einige Updates der Library. Also, man bekommt auf jeden Fall ’ne Menge Content für sein Geld. Es bleibt die Frage, ob sich Arcade als Sampler dermaßen in das Workflow festbeißt, dass man darauf nicht mehr verzichten kann. Denn man wird heutzutage nunmal bei den meisten DAWs mit Content vollgemüllt und auch einen Sampler hat fast jede Workstation bereits dabei.
Ich bin bis jetzt begeistert von Arcade und werde es auf jeden Fall die 100 Tage nutzen und danach entscheiden, ob ich dabei bleibe oder nicht. Denn das Gute ist, dass man jederzeit sein Abo kündigen kann.
Quellen
Arcade ist recht intuitiv zu bedienen und ich habe nicht viel Hilfe benötigt. Einzig das Online Handbuch habe ich benutzt und dort auch nur einen Blick hinein geworfen, um zu schauen wie man die Modulatoren und Macros benutzt.
Jo
Ohje. Fake news, fake music äquivalent zu Tütensuppe.
Hallo, ich hab uns was Leckeres gekocht.
Ich hab ja kein Problem mit Loops, Synthpresets oder samplebasierten Instrumenten – aber das hat nun wirklich nix mehr mit Musizieren zu tun, oder ?
Bernd W.
Hmmm, kommt darauf an. Ich persönlich finde es nicht so schlimm, wenn man hier und da mal eine Loop einbaut, die schon jemand anders angefertigt hat… Wenn denn nicht der ganze Song daraus besteht. Und wenn er es doch tut, muss man sich halt nicht wundern, wenn alles total langweilig klingt.
Bernd W.
Hey Jo (sorry :D), ich habe mir nochmal Gedanken zu dem Thema gemacht und ich muss Dir recht geben. Im Grunde machen Tools wie Arcade uns Sampleloops im Allgemeinen die Musik langweilig und kaputt… hier mehr dazu: http://tropone.de/2018/11/18/samples-loops-und-presets-sollte-ich-wirklich-vorgefertigte-sounds-nutzen-oder-lieber-alles-selber-kreieren/