In den 90ern waren Drumcomputer eher ein Übel, als ein heiß begehrtes „Instrument“ – zumindest in meinen damaligen Musikerkreisen. Wenn man sich kein Schlagzeug leisten konnte oder keiner wirklich Schlagzeug spielen konnte, oder wenn ein richtiges Drumkit schlichtweg zu laut war, dann leite man sich bei irgendjemanden einen Drumcomputer oder missbrauchte seinen Heimcomputer hierfür. Die Beats klangen zwar echt cheesy, aber man hatte zumindest einen Rhythmus im Hintergrund.

Ich glaube zum ersten mal habe ich 1990 einen C64 benutzt, um Drumsounds abzufeuern. Damals hat mein Kumpel das Ding noch über die Tastatur des Rechners gespielt. Später besaß ich dann ein übles Keyboard mit Synthdrums und danach kam ein Amiga zusammen mit einem Tracker ins Spiel. Das war dann wohl das erste mal, dass ich Rhythmen „programmiert“ habe.

Naja, jedenfalls waren in ganz anderen Genres die Sounds einer Drum-Machine gerne gesehen und Geräte wie die 808 oder 909 von Roland traten ihren Siegeszug an. Erst vor ein paar Jahren, als ich anfing mich ernsthaft mit elektronischer Musik zu beschäftigen, lernte ich Drumcomputer zu schätzen – wenn auch nur in Softwareform. Heutzutage kann ich mir garnicht mehr vorstellen ohne die Bitwig Drum Machine oder Fxpansion Geist zu arbeiten.

Sugar Bytes neuer Drumcomputer

Anfang des Monats hat Sugar Bytes eine solche neue Software veröffentlicht. Der Drumcomputer ist eine virtuelle Drum Machine, die über ein paar Features verfügt, die mich aufhorchen ließen. Sie verfügt quasi über drei verschiedene Sound Generatoren: Resonator, Wavetable-Synth und eine Resynthesis Engine, wobei man die letzten beiden auch mit eigenen Samples füttern kann.

Man hat allerlei Möglichkeiten alles zu modulieren (eigentlich schon Standard bei allen neuen Synth-Plugins) und sie verfügt über einen netten Sequenzer … achja, der Drumcomputer kann auch Midi-Daten senden, somit kann man den Sequenzer beispielsweise auch für die Drum Machine in Bitwig nutzen … nice.

Der Sequenzer in Drumcomputer

Aber von vorne … der Synthesizer

Der Synth im Drumcomputer verfügt über drei Sound-Generatoren: Der Resonator, der Wavetable und der Resynth. Also verfügt Drumcomputer nicht wirklich über einen Sampler, aber der Resynth ist ein halber 😉

Der Resonator formt quasi den Start des Drumhits, die Transiente, während der Wavetable den Körper eines Drumhits ausmacht und der Resynth eignet sich hervorragend um das Ausklingen eines Hits zu designen, er trägt sehr viel zum eigentlichen Charakter eines Sounds bei. Selbstverständlich kann man diese drei Generatoren auch einzeln benutzen, aber das volle Potenzial entwickeln sie, wenn sie zusammen eingesetzt werden.

Die drei Soundgeneratoren

Hinter den drei Soundgeneratoren befindet sich ein Filter, den man pro Generator einsetzen kann und ein Verzerrer, sowie Kompressor. Das wunderbare am Wavetable und Resynth ist die Möglichkeit eigene WAV-Files zu importieren.

Unter den drei Generatoren befindet sich die Modulationseinheit, bestehend aus zwei LFOs, die über einige verschiedene Wellenformen verfügen und jedem der beiden können zwei Parameter zugewiesen werden, die man modulieren möchte. Außerdem gibt es daneben noch vier einfache Modulatoren deren Quellen und Ziele alle möglichen Parameter des Drumcomputers sein können.

Modulatoren…

Der Mixer

Die Drum Machine verfügt über maximal 8 Kanäle, d.h. man kann 8 Sounds kreieren um seine Rhythmen zu bauen. Diese 8 Kanäle stellen dann das Kit dar. Wenn man das Kit-Fenster aufruft sieht man den eigentlichen Mixer des Computers. Im unteren Bereich des Fensters kann man dann die Lautstärke der einzelnen Sounds, das Panning und die Dosis der Send-Effekte (Room Reverb und Hall Reverb) einstellen. Des Weiteren kann man die Sounds über Buttons, die man auch von bekannten Hardware Drumcomputern kennt, triggern.

Im oberen Bereich kann man zu jedem Sound weitere recht globale Einstellungen machen, wie Pitch, Decay und Modify (je nachdem, was man im jeweiligen Kanal bei dem Modify-Modulator eingestellt hat). Außerdem kann man für jeden Kanal ein Preset abrufen oder zufällige einen Drumsound generieren lassen.

Der Mixer…

Ganz rechts oben gibt es dann noch die Master Effekte. Dabei handelt es sich um einen Transient Shaper, der den Sound noch drastisch verändern kann (von relaxed über punchy bis attacky) und daneben nochmal eine Saturation-Einheit, die dem Sound etwas Wärme mithilfe von Röhren- oder Tape-Simulationen verleihen kann.

Unten rechts sind dann die beiden Send-Reverbs, die wirklich gut klingen und der Master Volume Regler.

Der Sequenzer

Der Sequenzer gefällt mir persönlich sehr gut, er ist recht einfach und übersichtlich, verfügt aber über alle möglichen Einstellmöglichkeiten. Er erinnert mich an den Sequenzer in Geist 2, macht aber eine bessere Figur, was das Design angeht.

Der Sequenzer in Drumcomputer

Er verfügt logischerweise über acht Spuren – für jeden Kanal eine und er hat die Länge von einem Bar. Polyrhythmen sind kein Problem, weil jeder Spur eine eigene Länge zugewiesen werden kann. Außerdem kann das Tempo für jede Spur einzeln eingestellt werden und die Laufrichtung. Allein mit diesen Einstellmöglichkeiten lassen sich abgefahrene Rhythmen erstellen.

Ganz rechts kann man dann noch den Swing einstellen und man kann sich auch anzeigen lassen wie das ganze im Sequenzer dann aussieht (sehr schön). Des Weiteren kann man seine Beats humanisieren, indem man per Regler die einzelnen Hits etwas nach links oder rechts shiftet – auch das wird im Sequenzer dargestellt, wenn man denn will.

Unter den eigentlichen Tracks befindet sich die Automation. Zunächst einmal kann man obligatorisch die Velocity einstellen, dann die Probability (die Wahrscheinlichkeit, ob ein Hit getriggert wird), die Anzahl der Wiederholungen (Roll), ein Offset, wenn man per Hand humanisieren möchte, oder einen gewissen Groove programmieren will. außerdem kann man noch das Decay jedes einzelnen Hits automatisieren und auch die Tonhöhe (Pitch). Zu guter letzt läßt sich der Parameter, der dem Modify Modulator zugewiesen ist automatisieren. Auch diese ganzen Werte kann man auch zufällig einstellen lassen … was will man mehr.

Natürlich kann man alle programmierten Patterns auch als Midi-Files exportieren und in die DAW „ziehen“. In der Demoversion funktioniert das allerdings nicht.

Das Mapping…

Ganz rechts gibt es noch so einen bunten Button … bei einem Klick darauf gelangt man in die Einstellungen für das Mapping. Hier kann man nun den einzelnen Patterns eine Keyboardtaste zuweisen. Man kann mithilfe einer Taste einen Kanal zwischendurch mal muten und man kann den einzelnen Sounds verschiedene Tasten zuweisen. Wenn man beispielsweise der Kickdrum mehrere Tasten zuweist (wie im oberen Bild zu sehen -> die rote 1), dann könnte man diese auch in verschiedenen Pitches spielen. Das alles ist ganz individuell einstellbar. Man kann diese Mappings auch speichern.

Außerdem läßt sich eine Reihenfolge von Patterns programmieren, wenn man einen kompletten Song im Drumcomputer zusammenbauen will.

Der Output

Einstellungen…

Wenn man ganz oben rechts auf das Zahnrad klickt, kommt man zu den Einstellungen. Hier kann man ganz generelle Sachen, wie z.B. die Clock usw einstellen. Viel interessanter sind die Einstellungen für das Channel Assignment. Denn wie mittlerweile alle Drum-Plugins kann man die einzelnen Kanäle des Drumcomputers natürlich auch an die DAW senden. In Bitwig funktioniert das ganz unproblematisch, sodass man jedem Kanal noch irgendwelche Effekte hinzufügen kann.

Für mich ist auch die Möglichkeit Midi zu senden wirklich spannend. Somit kann man ganz bequem interessante Patterns programmieren und damit die Drum Machine in Bitwig triggern. Ich habe hierzu einfach einen Instrumententrack mit dem Drumcomputer erstellt und die Bitwig Drum Machine dahinter gesetzt. Sobald diese dann aktiv ist, hört man nicht mehr die Synth-Engine des Drumcomputers, sondern die Pads der Drum Machine von Bitwig … einfacher geht’s nicht.

Man kann auch nur den Sequenzer nutzen…

Fazit

Ich habe den Sugar Bytes Drumcomputer jetzt einen Tag lang getestet und mir die Tutorials von Sugar Bytes auf YouTube angesehen. Die Software ist wirklich intuitiv bedienbar. Ich fand mich auf Anhieb zurecht und hatte kaum Fragen. Das Zusammenspiel der einzelnen Soundgeneratoren kann etwas unübersichtlich werden, wenn viele Modulatoren im Einsatz sind. Da sollte man sich jeden einzelnen in Ruhe ansehen.

Die Presets sind ansprechend, die Randomfunktionen des Synths und des Sequenzers liefern durchweg hörbare Ergebnisse und die Einfachheit und zugleich tiefe des Sequenzers fand ich äußerst ansprechend. Das GUI ist eine Augenweide, wie man es von Sugar Bytes kennt. Ich werde mir die Demo noch ein paar Tage ansehen (die Einschränkungen betreffen den Midi-Export und nach einigen Minuten ist der Sound weg und man muss das Plugin neu laden).

Klar, vieles kann man auch mit anderen Drum Plugins machen. Die Drum Machine von Bitwig ist beispielsweise recht mächtig, da hinter jedem Pad alles mögliche als Soundquelle dienen kann. Aber die Synth-Sektion des Drumcomputers bietet wirklich interessante Sounds und der Sequenzer hat es mir tatsächlich angetan – insbesondere die Möglichkeit Midi-Daten zu senden. Eventuell werde ich demnächst das Plugin kaufen.

Der Drumcomputer kostet derzeit 119,- Euro und verfügt über eine VST- und AU-Version und ist außerdem als Standalone zu betreiben. Der Preis geht aus meiner Sicht völlig in Ordnung. Ein Blick in die Demo ist auf jeden Fall zu empfehlen.